Eisenmangel: Auf diese Eisenwerte und Mikronährstoffe kommt es an
Eisen ist ein lebenswichtiger Mikronährstoff für den Menschen und für nahezu alle anderen Lebewesen. Eine ausreichende Eisenversorgung ist aber häufig nicht gewährleistet. Weltweit haben ca. 25 Prozent der Menschen einen Eisenmangel. Nach Schätzungen leiden etwa 600 Millionen Menschen an einer Eisenmangelanämie. |
Ursachen eines Eisenmangels
Zu einem Eisenmangel kann es aus unterschiedlichen Gründen kommen, zum Beispiel durch eine mangelnde Eisenzufuhr oder durch eine mangelhafte Eisenresorption. Ein Eisenmangel entsteht auch dann, wenn ein erhöhter Eisenbedarf zum Beispiel in Wachstumsphasen oder in der Schwangerschaft nicht ausreichend gedeckt werden kann. Häufig ist ein Eisenmangel auch erklärbar durch Blutverluste, zum Beispiel starke Regelblutung oder Blutungen aus dem Verdauungstrakt.
📌 Wichtig: Ein Eisenmangel ist nicht gleichzusetzen mit einer Anämie.
Der Nachweis einer Eisenmangelanämie ist beweisend für einen Eisenmangel, der Ausschluss einer Eisenmangelanämie ist aber kein Beweis für eine ausreichende Eisenversorgung.
Hepcidin reguliert den Eisenstoffwechsel
Bei einem Eisenmangel kann man unterscheiden zwischen einem absoluten Eisenmangel, d. h. entleerten Eisenspeichern, und einem funktionellen Eisenmangel, der auf einer Störung der Eisenmobilisation beruht. Hepcidin ist ein wichtiges Regulatormolekül des Eisenstoffwechsels. Bei einem absoluten Eisenmangel ist Hepcidin im Blut verringert, wodurch es im Dünndarm zu einer besseren Eisenaufnahme und zu einer vermehrten Freisetzung von Eisen aus den Speichern kommt. Bei einem funktionellen Eisenmangel kommt es meist zu einem starken Anstieg von Hepcidin, wodurch die Eisenaufnahme und Eisenfreisetzung gehemmt wird.
Rund 67 Prozent des Gesamtkörpereisens entfällt auf den Blutfarbstoff Hämoglobin, 27 Prozent auf die Eisenspeicherproteine Ferritin und Hämosiderin und dreieinhalb Prozent auf den Muskelfarbstoff Myoglobin. Nur ein sehr geringer Teil des Körpereisens ist in verschiedenen eisenhaltigen Enzymen enthalten. Es gibt zahlreiche eisenhaltige Enzyme mit unterschiedlichsten Stoffwechselfunktionen. Deshalb wirkt sich ein Eisenmangel keineswegs nur auf das blutbildende System aus.
Vielfältige Funktionen von Eisen
|
Symptome eines Eisenmangels
Aus den Stoffwechselfunktionen von Eisen geht hervor, dass ein Eisenmangel zu vielfältigen Symptomen und Krankheiten führen kann, zum Beispiel Anämie, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Herzmuskelschwäche, Störungen der Blutdruckregulation, brüchige Haare und Nägel, vermehrte Faltenbildung, kognitive Entwicklungsstörungen bei Kindern, Beeinträchtigung mentaler Funktionen bei Erwachsenen, Störungen des Immunsystems, Störungen der Wärmeregulation, Kopfschmerzen und vieles mehr.
Bei einem nachgewiesenen Eisenmangel ist natürlich eine Supplementierung von Eisen notwendig. Bei einer oralen Eisentherapie ist aber zu beachten, dass hohe Eisendosierungen den Serumspiegel des Hepcidins erhöhen. Bei einem Anstieg von Hepcidin ist die Eisenaufnahme der nachfolgenden oralen Eisengabe deutlich reduziert. Daher ist es empfehlenswert, Eisen in hoher Dosierung nur jeden zweiten Tag einzunehmen.
Welche Eisenwerte sollten untersucht werden?
Normaler Hämoglobin-Wert schließt Eisenmangel nicht aus
Ein normaler Hb-Wert kann zwar eine Eisenmangelanämie ausschließen, aber nicht einen Eisenmangel. Für die Diagnose eines Eisenmangels ist die Bestimmung verschiedener Parameter notwendig.
Das kleine Blutbild ist die Basisuntersuchung zur Erfassung der Zusammensetzung des Blutes. Im Rahmen des kleinen Blutbildes wird auch der Hämoglobinwert bestimmt. Der Wert sinkt erst unter die Normgrenze, wenn nicht mehr genügend rote Blutkörperchen gebildet werden. Bei Frauen mit Hämoglobinwerten unter 12 g/dl liegt eine Anämie vor. Beschwerden durch einen Eisenmangel, z.B. Müdigkeit, Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, Haarausfall, Stimmungsschwankungen und vieles mehr, können auch bei normalen Hb-Werten auftreten.
Ferritin ist zunächst der sinnvollste Parameter zur Beurteilung der Eisenversorgung
Ferritin ist ein Eisenspeicherprotein, das im ganzen Körper vorkommt. Ferritin ist ein sehr guter Parameter zur Beurteilung des Eisenstatus, es sei denn, es liegt eine Entzündung oder eine Infektion vor. In diesen Fällen ist Ferritin dann nicht brauchbar zur Beurteilung der Eisenversorgung. Bei der Beurteilung der Ferritinkonzentration sollte man auch beachten, dass häufig ein sehr großer Normbereich angegeben wird, und Ferritinkonzentrationen um 20 oder 30 µg/ l als unterer Grenzwert gelten. In sehr vielen großen Studien wird mittlerweise ein Ferritinwert unter 100 µg/ l als Defizit definiert.
Niedrige Ferritinkonzentrationen sind häufg mit Eisenmangelsymptomen assoziiert. Bei Ferritinkonzentrationen unter 70 µg/ l ist bei Frauen z.B. vermehrter Haarausfall zu beobachten.
Eisen im Blut bestimmen
Die Bestimmung von Eisen selber eignet sich nicht zur Beurteilung des Eisenstatus, Eisen wird aber zur Bestimmung der Transferrinsättigung benötigt. Die Transferrinsättigung gibt an, wie viel Prozent des Transferrins mit Eisen beladen sind. Transferrin ist das Transporteiweiß von Eisen zu den Geweben. Ähnlich wie Ferritin ist auch die Transferrinsättigung bei Entzündungen oder Infekten nicht aussagekräftig.
Löslicher Transferrin-Rezeptor - unbeeinflusst von Entzündungen und Infekten
Ein wichtiger Laborwert zur Beurteilung des Eisenstatus ist der lösliche Transferrinrezeptor, der im Gegensatz zu Ferritin und der Transferrinsättigung nicht durch eine erhöhte Entzündungsaktivität beeinflusst wird. Zellen, die Eisen aufnehmen wollen, besitzen an ihrer Oberfläche Rezeptoren für Transferrin. Ein Teil dieser Rezeptoren wird ins Blut abgegeben und kann als löslicher Transferrinrezeptor gemessen werden. 80 bis 95 Prozent der Transferrinrezeptoren befindet sich auf den Vorstufen der roten Blutkörperchen.
Am Eisenstoffwechsel sind viele Mikronährstoffe beteiligt
Eine Eisentherapie ist nur dann erfolgreich, wenn gleichzeitig alle am Eisenstoffwechsel beteiligten Mikronährstoffe in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Folgende Mikronährstoffe haben eine besondere Bedeutung im Eisenstoffwechsel:
Vitamin A
Forscher aus Brasilien veröffentlichten 2018 eine Metaanalyse über den Einfluss einer Vitamin-A-Supplementierung auf den Eisenstatus. Die Metaanalyse der verfügbaren klinischen Studien zeigte, dass eine Vitamin-A-Supplementierung das Anämierisiko um 26 Prozent verminderte und die Hämoglobinspiegel im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ohne Vitamin-A-Gabe erhöhte. Vitamin A veränderte nicht die Prävalenz eines Eisenmangels bei Kindern und Teenagern. Bei Schwangeren und stillenden Frauen wurde aber ein signifikanter Anstieg des Ferritinspiegels beobachtet.
Der Einfluss von Vitamin A auf den Eisenstoffwechsels ist vielschichtig. Es wird ein direkter Effekt auf die Bildung roter Blutkörperchen diskutiert. Möglicherweise beeinflusst Vitamin A auch die Genexpression des Erythropoetins. Studien neueren Datums belegen, dass Vitamin D wie auch Vitamin A die Aufnahme und Verwertung von Eisen beeinflussen. Ein Mangel an Vitamin A erhöht die Produktion von Hepcidin in der Leber und in den Immunzellen, wodurch die Eisenaufnahme und zelluläre Eisenverwertung beeinträchtigt wird.
Bei Entzündungen kommt es je nach Dauer zu einem mehr oder weniger ausgeprägten Absinken des Vitamin A im Plasma. Wenn eine Entzündung längere Zeit anhält, kann dies die Versorgung verschiedener Gewebe mit Vitamin A gefährden und eine Anämie begünstigen.
Vitamin D
Aktuelle Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass der Vitamin-D-Status für die physiologische Verwertung von Eisen eine wichtige Rolle spielt. Vitamin D beeinflusst wie Vitamin A das Regulatorprotein Hepcidin sowie den Eisentransporter Ferroportin. Eine hochdosierte Gabe von Vitamin D führte in einer Studie zu einem signifikanten Anstieg der 25(OH)D-Konzentration, gleichzeitig kam es zu einem 34-prozentigen Abfall der Hepcidinspiegel im Blut. Bei verschiedenen Formen einer Anämie sollte also immer auch auf einen gesunden Vitamin-D-Status geachtet werden.
Vitamin B2
Eine unzureichende Vitamin-B2-Versorgung hat einen nachteiligen Einfluss auf den Eisenstoffwechsel. Derzeit ist doch nicht völlig geklärt, über welche Mechanismen Vitamin B2 den Eisenstoffwechsels beeinflusst. Eine Studie chinesischer Wissenschaftler aus dem Jahr 2014 konnte nachweisen, dass eine unzureichende Aufnahme von Vitamin B2 das Anämierisiko bei erwachsenen Chinesen erhöhte. Wissenschaftler aus Kanada und Malaysia haben 2019 publiziert, dass Frauen mit einem Vitamin-B2-Mangel im Vergleich zu Frauen mit normalem Vitamin-B2-Status ein doppelt so hohes Risiko für die Entwicklung einer Anämie hatten.
Vitamin B6
Vitamin B6 ist ein wichtiges Coenzym für die Hämsynthese. Ein Vitamin-B6-Mangel stört deshalb die Hämoglobinbildung und führt zu einer mikrozytären Anämie.
Vitamin B12 und Folsäure
Ein Vitamin-B12-Mangel bewirkt eine Verlangsamung der Blutbildung. Die Zahl der Erythrozyten ist vermindert, und es kommt zu einem Auftreten von überdurchschnittlich großen hämoglobinreichen Erythrozyten. Dieselben Blutveränderungen treten auch bei einem Folsäuremangel auf. Anhand der Veränderungen des Blutbildes kann also nicht unterschieden werden, ob primär ein Folsäuremangel oder ein B12-Mangel vorliegt.
Vitamin C
Vitamin C vermag die Bioverfügbarkeit von Eisen in Nahrungsmitteln zu erhöhen. Dieser Effekt ist mit einer erhöhten Eisenabsorption im Darm verbunden, wobei Vitamin C sowohl die Nichthäm- wie auch die Häm-Eisenaufnahme verbessert. Möglicherweise erhöht Vitamin C auch die Stabilität von intrazellulärem Ferritin, wodurch der Abbau von Ferritin in der Zelle verhindert wird.
Kupfer
Am Eisenstoffwechsel sind zwei kupferhaltige Enzyme beteiligt, nämlich Coeruloplasmin und Ferroxidase 2, die Eisen-2-Ionen zu Eisen-3-Ionen oxidieren können. Dieser Schritt ist erforderlich, damit das Protein Transferrin mit Eisenionen beladen werden kann. Bei einem Kupfermangel zeigt sich eine Störung der Eisenmobilisierung aus den Speichern, was die bedeutende Rolle von Kupfer im Eisenstoffwechsel unterstreicht.
Zink
Zink ist Cofaktor von über 300 Enzymen und ist auch für die Häm-Biosynthese erforderlich, was einen Zusammenhang zum Eisenstoffwechsel herstellt. Wissenschaftler aus Japan konnten in einer Studie bei Heimbewohnern nachweisen, dass die Serum- Zinkkonzentration positiv mit Hämoglobin und der Zahl der roten Blutkörperchen korrelierte. Bei höheren Zinkkonzentrationen bestand ein vermindertes Risiko für Anämie.
Cystein
Cystein ist eine schwefelhaltige Aminosäure und eine wichtiger Ausgangssubstanz für die Bildung von Glutathion. Glutathion ist ein wichtiges Regulatormolekül des Zellstoffwechsels und spielt in diesem Zusammenhang auch eine große Rolle für die Regulierung des zellulären Eisenstoffwechsels.
Cystein ist auch ein Schwefellieferant im Stoffwechsel. Eisen-Schwefel-Cluster sind Mehrfachkomplexe aus Eisen und Schwefel, die als Cofaktoren an Enzymreaktionen beteiligt sind. Eine große Bedeutung haben diese Eisen-Schwefel-Zentren im Citratzyklus und in der Atmungskette.
Histidin
Histidin wird heute zu den essenziellen Aminosäuren gezählt. Es ist aufgrund seiner chemischen Eigenschaften ein wichtiger Ligand für Metallionen und spielt eine große Rolle für die Bindung von Eisen im Hämoglobinmolekül und in den anderen eisenhaltigen Proteinen wie Myoglobin, Cytochrome und Peroxidasen.
Andere Wechselwirkungen
Häufig sind bei Patienten mit niedrigen Ferritinkonzentrationen relativ hohe Manganwerte im Vollblut nachweisbar. Dies ist dadurch zu erklären, dass bei einem Eisenmangel vermehrt Mangan resorbiert wird. Ein Eisenmangel begünstigt auch die Aufnahme von Blei. Sowohl ein Eisenmangel wie auch eine Bleibelastung sind für die kindliche Hirnentwicklung äußerst nachteilig. Gerade bei Kindern sollte deshalb ein Eisenmangel in jedem Fall vermieden werden.
Ein Eisenmangel begünstigt auch die Aluminiumanreicherung im Organismus. Eine geringe Eisenbeladung des Eisenspeicherproteins Ferritin kann dazu führen, dass dann vermehrt Aluminiumionen an Ferritin gebunden werden.
Fazit:
|
Mikronährstoffanalyse
Als Mikronährstoffanalyse des Eisenstoffwechsels empfehlen wir das DCMS-Eisen-Profil.
Referenzen:
- Hans Konrad Biesalski: Vitamine, Spurenelemente und Minerale; Georg Thieme Verlag 2019
- Gerd Herold und Mitarbeiter: Innere Medizin, 2020
da Cunha MSB, Campos Hankins NA et al.: Effect of vitamin A supplementation on iron status in humans: a systematic review and meta-analysis; Crit Rev Food Sci Nutr. 2018 Jan 16:0. - Ellen M Smith, Jessica A Alvarez et al.: High-dose vitamin D 3 reduces circulating hepcidin concentrations: A pilot, randomized, double-blind, placebo-controlled trial in healthy adults; Clin Nutr. 2017 Aug;36(4):980-985.
- Justine Bacchetta , Joshua J Zaritsky et al.: Suppression of iron-regulatory hepcidin by vitamin D; J Am Soc Nephrol, 2014 Mar;25(3):564-72.
- Malczewska-Lenczowska J, Sitkowski D et al.: The Association between Iron and Vitamin D Status in Female Elite Athletes; Nutrients. 2018 Jan 31;10(2). pii: E167. doi: 10.3390/nu10020167.
- Zumin Shi, Shiqi Zhen et al.: Inadequate riboflavin intake and anemia risk in a Chinese population: five-year follow up of the Jiangsu Nutrition Study; PLoS One, 2014 Feb 12;9(2):e88862.
- Abeer M Aljaadi, Ru En How et al.: Suboptimal Biochemical Riboflavin Status Is Associated with Lower Hemoglobin and Higher Rates of Anemia in a Sample of Canadian and Malaysian Women of Reproductive Age; J Nutr. 2019 Nov 1;149(11):1952-1959.doi: 10.1093/jn/nxz151.
- de.wikibooks.org: Biochemie and Pathobiochemie: Eisen
- Kyi Mar Wai, Kaori Sawada: Relationship between Selected Trace Elements and Hematological Parameters among Japanese Community Dwellers; Nutrients. 2020 Jun; 12(6): 1615.
- Carsten Berndt , Christopher Horst Lillig: Glutathione, Glutaredoxins, and Iron; Antioxid Redox Signal . 2017 Nov 20;27(15):1235-1251.