Mikronährstoffe bei Tinnitus und Hörverlusten

 Tinnitus

 

Darum geht es

Tinnitus geht meist mit Hörstörungen einher. Bei Tinnitus ist die Signalübertragung von Ohr zum Gehirn gestört. Welche Rolle spielen Mikronährstoffe in der Behandlung von Tinnitus und Hörstörungen? Darum geht es in diesem Beitrag.

 

Inhaltsverzeichnis

Tinnitus und Hörverlust allgemein
Mikronährstoffe und Hörstörungen
Vitamine
Spurenelemente/Mineralstoffe
Antioxidantien
N-Acetylcystein (NAC)
Carnitin/Coenzym Q10
Fazit
Referenzen

 

Tinnitus und Hörverlust allgemein

Tinnitus ist ein Symptom, bei dem der Betroffene Ohrgeräusche empfindet, ohne dass hierfür äußere Schallquellen vorhanden sind. Die Hörgeräusche werden als Klingeln, Pfeifen, Summen, Brummen, Rauschen, Knacken oder Klopfen beschrieben. Tinnitus ist eine häufige Erkrankung, die mit dem Alter zunimmt. Etwa 10 bis 15 Prozent der älteren Menschen nehmen ständig oder lang andauernd Ohrgeräusche wahr. Die Symptomatik beginnt meist zwischen dem vierzigsten und fünfzigsten Lebensjahr. In den meisten Fällen ist der Tinnitus Folge einer Schädigung der inneren und äußeren Haarzellen des Innenohrs. Mögliche Ursachen von Tinnitus sind: Knalltrauma, Hörsturz, Infekte, Entzündungen, die Einnahme bestimmter Arzneimittel, Mittelohrerkrankungen und vieles mehr.

Unter Hörverlust versteht man eine Verringerung des Hörvermögens. Auch hiervon sind sehr viele Menschen betroffen, weltweit ca. 360 bis 455 Mio. Erwachsene und Kinder. Es gibt verschiedene Arten von Hörverlusten. Der sensorineurale Hörverlust tritt auf, wenn das Innenohr oder der Hörnerv geschädigt sind oder nicht ordnungsgemäß funktionieren. Beim Hochton- Hörverlust können hochfrequente Töne, wie zum Beispiel Vogelgezwitscher, nicht mehr gehört werden, während bei tiefen Tönen das Hörvermögen kaum beeinträchtigt ist. Ein Schallleitungshörverlust tritt auf, wenn die Schallwellen nicht mehr das Innenohr und die Hörschnecke erreichen, zum Beispiel durch eine Schädigung des Mittelohrs. Ab dem 50. Lebensjahr nimmt die Leistungsfähigkeit des Gehörs auf beiden Ohren ab. Eine Hauptursache sind Verschleißerscheinungen an den Haarzellen des Innenohrs, aber auch der Hörnerv und das Hörzentrum sind durch den Alterungsprozess beeinträchtigt. Die Altersschwerhörigkeit ist eine der am weitesten verbreiteten Alterserscheinungen. Etwa 30 Prozent der über 65-jährigen leiden unter Hörverlusten. Bei den über 75-jährigen sind es bereits 40 bis 50 Prozent.

Eine Einschränkung des Hörvermögens ist aber keineswegs nur eine Alterserscheinung, sondern kann jedes Lebensalter betreffen. Beispiele sind Entwicklungsstörungen des Nervensystems bei Kindern, Lärmbelastung im frühen und mittleren Erwachsenenalter und viele mehr.

 

Mikronährstoffe und Hörstörungen


Es gibt zahlreiche Studien, die einen Zusammenhang zwischen der Mikronährstoffversorgung und Hörstörungen aufzeigen. Störungen des Gehörs gehen häufig mit oxidativem Stress und mitochondrialer Dysfunktion einher, also mit Faktoren, die durch eine gezielte Mikronährstofftherapie gebessert werden können.

 

Vitamine

1993 haben Wissenschaftler aus Israel publiziert, dass eine Vitamin-B12-Therapie bei Tinnitus-Patienten zu einer gewissen Besserung der Symptome geführt hat. Auch Wissenschaftler aus Nigeria fanden einen Zusammenhang zwischen den Vitamin-B12-Spiegeln und Tinnitus. Durch wöchentliche Vitamin-B12-Injektionen über einen Zeitraum von sechs Wochen kam es in einer indischen Studie zu einer signifikanten Verbesserung von Tinnitus-Symptomen.

Wissenschaftler aus den USA konnten nachweisen, dass eine höhere Aufnahme von Beta-Carotin, Beta-Cryptoxanthin und Folsäure mit einem geringeren Risiko für Hörverluste verbunden war. Dazu wurden Daten der Nurses' Health Study II ausgewertet. In einer nigerianischen Studie wurden bei Patienten mit altersbedingten Hörverlusten signifikant verminderte Folsäurekonzentrationen nachgewiesen. Den Zusammenhang zwischen niedrigen Folsäurekonzentrationen und Hörverlusten zeigte auch eine Untersuchung aus Australien.

Eine Metaanalyse von sechs Studien, die 2023 publiziert wurde, hat ergeben, dass die Homocysteinkonzentrationen bei Patienten mit plötzlichem Hörsturz höher waren als bei Kontrollpersonen.

Wissenschaftler aus Südkorea haben 2018 publiziert, dass unter anderem eine verminderte Aufnahme der Vitamine B2 und B3 mit Tinnitus assoziiert war. Verwendet wurden die Daten einer nationalen Gesundheits- und Ernährungsstudie. Die koreanischen Forscher konnten auch nachweisen, dass eine höhere Zufuhr von Vitamin B2, Vitamin B3 und Vitamin A das Auftreten von Altersschwerhörigkeit vermindern konnte.

In einer chinesischen Studie wurde bei 310 Patienten mit plötzlichem Hörverlust und bei 154 Probanden ohne Risiko für Hörverlust die Vitamine A, D und E untersucht. Die Konzentrationen der fettlöslichen Vitamine A, D und E waren bei den Patienten mit plötzlichem Hörverlust niedriger als bei den Probanden der Kontrollgruppe.

Eine Metaanalyse von Beobachtungsstudien hat ergeben, dass die Vitamin-D-Spiegel bei Patienten mit Tinnitus 22 Prozent niedriger waren als bei Probanden ohne Tinnitus.

Die Auswertung der Daten von 16.408 Personen einer koreanischen Gesundheits- und Ernährunguntersuchung kam zu dem Ergebnis, dass zwischen den Serum-Vitamin-D-Spiegel und Tinnitus eine signifikante Assoziation besteht. Mit anderen Worten: Ein Vitamin-D-Mangel erhöhte das Risiko für Tinnitus.

Ein Vitamin-D-Mangel kann zu einem sensorineuronalen Hörverlust führen. Wissenschaftler aus Pakistan und Australien haben 2024 dies publiziert. Beteiligt daran dürften die Vitamin-D-Rezeptoren im Innenohr sein oder eine Beeinflussung des Calciumstoffwechsels.

Eine Analyse der Daten von 3.684 Teilnehmern von NHANES hat ergeben, dass höhere Serumspiegel von 25(OH)D mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit für Hochfrequenzton-Hörverluste assoziiert waren.

Nach einer Publikation koreanischer Wissenschaftler von 2024 sind niedrige Serumspiegel von Vitamin D mit Altersschwerhörigkeit bei Männern assoziiert.

 

Spurenelemente/Mineralstoffe

Magnesium ist ein wichtiger Antistress-Mikronährstoff, weshalb ein therapeutischer Nutzen auch bei Stress-induzierten Störungen des Gehörs naheliegt. Dies wurde auch in verschiedenen Studien bestätigt.

In einer türkischen Studie wurden bei Patienten mit Tinnitus vermehrt niedrige Zinkkonzentrationen im Serum nachgewiesen. Auch der Schweregrad und die Lautstärke der Ohrgeräusche waren bei Patienten mit Zinkmangel erhöht. Ein Zinkmangel war auch mit Störungen der Hörschwellen assoziiert. Für die Wirksamkeit von Zink bei Tinnitus gibt es verschiedene Erklärungsmechanismen, z.B. die Bedeutung des Zinks für die Aktivität der SODs sowie für die Nervenimpulsübertragung.

Auch Eisen hat einen Bezug zum Gehör. Wissenschaftler aus Taiwan fanden insbesondere bei Patienten unter 60 Jahren einen Zusammenhang zwischen sensorineuralem Hörverlust und einer Eisenmangelanämie. Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kam eine Studie der Pennsylvania State University, in der ebenfalls gezeigt wurde, dass eine Eisenmangelanämie mit sensorineuralen Hörverlusten verbunden war. Sensorineurale Hörverluste werden durch Probleme im Innenohr verursacht, meist durch eine Beschädigung in der Schnecke.

Ein Eisenmangel beeinträchtigt aber nicht nur das Hörvermögen bei Erwachsenen. Forscher aus Indien konnten bei Neugeborenen mit latentem Eisenmangel in der späteren Kindheit Störungen des Gehörsinns nachweisen. Ein Eisenmangel bei Neugeborenen führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Störung der Myelinisierung des auditorischen Systems.

Eine Langzeit-Kohortenstudie mit 2.947 Teilnehmern hat ergeben, dass eine höhere Aufnahme von Eisen und Zink signifikant mit einem niedrigeren Tinnitus-Risiko assoziiert war. Eine niedrige Zinkaufnahme erhöhte das Tinnitusrisiko um 44 Prozent, eine niedrige Eisenzufuhr um 35 Prozent. Dies wurde 2014 publiziert.

Eine orale Zink-Supplementierung führte bei jungen Patienten, die aufgrund Lärmbelastung an Hörverlust und Tinnitusbeschwerden litten, zu einer Verbesserung der Tinnitussymptome, wenn auch nicht zu einer Verbesserung des Hörvermögens.

2019 publizierten chinesische Wissenschaftler, dass höhere Vollblutspiegel von Magnesium mit einem niedrigeren Risiko für Hörverluste assoziiert waren.

Bei 1.858 Teilnehmern über 70 Jahre der NHANES-Studie wurde der Einfluss der Magnesium- und Kalziumaufnahme auf einen altersbedingten Hörverlust untersucht. Eine höhere Magnesium- und Kalziumaufnahme war mit einer niedrigeren Wahrscheinlichkeit für tieffrequente Hörverluste verbunden.

 

Antioxidantien

Sauerstoffradikale spielen eine wichtige Rolle bei verschiedenen pathogenetischen Prozessen und können auch die Mikrozirkulation beeinträchtigen, was natürlich auch die Blutversorgung des inneren Ohrs betrifft. Forscher aus Italien konnten bei Tinnituspatienten durch eine Therapie mit Antioxidantien und Phospholipiden eine Besserung der Tinnitussymptomatik erreichen. Wissenschaftler aus Südkorea fanden heraus, dass die Zufuhr von Vitamin C mit einem besseren Hörvermögen bei älteren Menschen assoziiert war. Wissenschaftler der Universität von Catania in Italien fanden bei Tinnituspatienten höhere Plasmakonzentrationen von oxidativen Stressmarkern sowie niedrigere Konzentrationen von NO und Ornithin. Die Autoren der Studie gingen von einer endothelialen Dysfunktion im Bereich der Hirngefäße aus, was dann auch im Innenohr zu einer Störung der Mikrozirkulation führte.

N-Acetylcystein (NAC)

Es gibt zahlreiche Studien über den Effekt einer NAC-Supplementierung bei Störungen des Gehörs. N-Acetylcystein hat antioxidative Eigenschaften und kann auch die antioxidative Kapazität des Gehirns verbessern. N-Acetylcystein konnte vor allem auch lärminduzierte Gehörschäden vermindern, z.B. durch Verminderung der Erholungszeit. Auch beim sogenannten Knalltrauma hatte N-Acetylcystein einen protektiven Effekt auf die Cochlea.

Der Verwendung von N-Acetylcystein ist insbesondere bei Personen zu erwägen, die vermehrt lärmbedingten Hörschäden ausgesetzt sind.

Wissenschaftler aus Schweden haben 2019 publiziert, dass die Gabe von 400 mg NAC unmittelbar nach einem Knalltrauma im militärischen Bereich zu einer signifikanten Verminderung von Hörverlusten führte.

Die Kombination Prednisolon/NAC führte bei Patienten mit Hörsturz zu besseren Ergebnissen als eine Monotherapie mit Prednisolon. Diese wurde von der Universität Jena 2024 publiziert.


Carnitin/ Coenzym Q10

Carnitin und Coenzym Q10 sind wichtige Mikronährstoffe für die Mitochondrienfunktion und verbessern auch den Energiestoffwechsel der Nervenzellen. Experimentell konnte durch die Gabe von Q10 die Erholungszeit nach lärminduzierten Hörverlusten reduziert werden. Auch Acetyl-L-Carnitin hatte einen günstigen Effekt hinsichtlich einer Beeinträchtigung des Hörvermögens durch Lärm. Wissenschaftler aus Texas berichteten von einer Patientin mit Tinnitus, bei der sich durch Behandlung mit Acetyl-L-Carnitin der Tinnitus deutlich besserte, was auch kernspintomographisch belegt werden konnte.

 

Fazit

Bei allen Störungen des Gehörs, sei es Tinnitus oder Altersschwerhörigkeit, sollte immer auch an die Mikronährstoffversorgung gedacht werden. Durch eine entsprechende Blutuntersuchung, z.B. dem DCMS-Neuro-Check, können Defizite aufgedeckt werden, wodurch dann eine gezielte Supplementierung möglich ist.

 

Referenzen:

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Aktualisiert: Dezember 2024