Neue Erkenntnisse: Mikronährstoffmedizin und Schmerz

Ein akuter Schmerz hat eine wichtige biologische Funktion, da er ein Warnsignal für eine körperliche Störung ist. Nach Beseitigung der Ursachen kommt es zu einem raschen Abklingen. Bei chronischen Schmerzen besteht keine eindeutige Korrelation mehr zwischen der Schmerzintensität und dem Ausmaß einer Gewebeschädigung. Es ist sogar möglich, dass keine sichere organische Ursache erkennbar ist. Der Schmerz hat sich zu einem eigenständigen Krankheitsbild entwickelt. Nach einer Umfrage der Apotheken-Umschau 2011 leidet jeder achte (13,3 Prozent) unter dauerhaften oder immer wiederkehrenden Schmerzen, die sechs Monate oder länger bestehen. Am häufigsten hierbei sind Rückenschmerzen, gefolgt von Kniebeschwerden und Schmerzen im Schulter-Nackenbreich. Häufige Ursachen von Schmerzen sind Arthrosen, rheumatoide Arthritis, Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Tumorerkrankungen, Fibromyalgie, Neuralgien, Multiple Sklerose und vieles mehr.

Bei der Behandlung chronischer Schmerzen steht natürlich eine sachgerechte Analgetika-Therapie im Vordergrund; zu den ergänzenden Maßnahmen gehört auch eine Therapie mit Mikronährstoffen. Mikronährstoffe können z.B. die Entzündungsaktivität vermindern, wodurch Schmerzmittel eingespart werden können, B-Vitamine sind bei vielen neuropathischen Schmerzen von Nutzen. In den letzten zwei bis drei Jahren sind über die Zusammenhänge „Schmerz und Mikronährstoffe“ wieder verschiedene Fachartikel mit interessanten Feststellungen und Ergebnissen publiziert worden.

 

Magnesium

An der Schmerzentstehung sind viele Faktoren beteiligt. Magnesium kann einige dieser Faktoren beeinflussen: Reduzierung der Entzündungsaktivität im peripheren Nervensystem und Verminderung der Aktiviät der NMDA-Rezeptoren im ZNS. Allerdings sind die Ergebnisse von Studien über den Stellenwert einer Magnesiumsupplementierung bei Schmerzen nicht einheitlich. Einen positiven Effekt hatte z.B. eine intravenöse Magnesiumtherapie bei Schmerzen im Rahmen eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms. Magnesium konnte die Häufigkeit neuropathischer Schmerzattacken vermindern. Bei Migränepatienten waren die Magnesiumspiegel im Serum signifikant niedriger als bei gesunden Kontrollpersonen, außerdem waren die Magnesiumspiegel mit der Häufigkeit der Kopfschmerzattacken linear assoziiert. Eine Therapie mit Magnesiumcitrat verminderte bei Fibromyalgie-Patienten die Zahl der Tender-Points und die Intensität der Fibromyalgie-Symptomatik.

 

Zink

Das myofasciale Schmerzyndrom (MPS) ist ein lokal begrenzter Schmerzzustand des Bewegungsapparates, der aber nicht von Gelenks-, Knochenhaut- oder Muskelerkrankungen ausgeht. In einer Studie türkischer Wissenschaftler wurden bei MPS-Patienten signifikant verminderte Zinkkonzentrationen festgestellt.

 

Antioxidantien, Vitamin C, Vitamin E

Eine Antioxidantiensupplementierung erwies sich bei Patienten mit chronischer Pankreatitis als wirksam. Durch eine Therapie mit Antioxidantien verminderte sich signifikant die Zahl der Schmerztage. Ein Übersichtsartikel der University of Auckland kommt zu dem Schluss, dass nun eine solide Evidenz dafür bestünde, orale Antioxidantien in der Behandlung der chronischen Pankreatitis einzusetzen.

In einer Studie der Universität von Lyon wurde der Effekt einer Vitamin-C-Supplementierung auf das Risiko für CRPS I (komplexes regionales Schmerzsyndrom) untersucht. Die Studie zeigte einen eindeutigen protektiven Effekt von Vitamin C auf CRPS I im Fuss- und Fersenbereich.

Von der Ruhruniverität Bochum wurde eine multizentrische Beobachtungsstudie durchgeführt, in die 151 Patienten mit Osteoarthritis einbezogen wurden. Ein Teil der Patienten erhielt 333,5 mg Vitamin E als Monotherapie, der andere Teil die gleiche Vitamin-E-Dosis plus Schmerzmittel. Bei beiden Gruppen kam es im Laufe der Therapie zu einer Besserung der Symptome, wobei die Monotherapie mit Vitamin E etwas weniger effektiv war und auch später einsetzte. Die Autoren der Studie empfehlen eine Zusatztherapie mit Vitamin E zur analgetischen Therapie.

Vitamin E ist ein Mikonährstoff, der die Aktivität des MIF (Macrophage migration inhibitory factor) vermindert. MIF ist an der Pathogenese entzündlicher und neuropathischer Schmerzen beteiligt. Es konnte nachgewiesen werden, dass Vitamin E signifikant die MIF-induzierte Bildung proentzündlicher Zytokine verhindert.

 

Vitamin D

In den letzten Jahren zeigt sich eindrucksvoll, dass Vitamin D sehr viel mehr Bedeutungen hat, als man bisher glaubte. Vitamin D ist z.B. auch für den Muskelstoffwechsel wichtig, ein Defizit führt zu Muskelschwäche, erhöhter Sturzrate, Myopathien etc. Ebenfalls seit einigen Jahren wird auch die Frage diskutiert, ob eine Vitamin-D-Supplementierung bei chronischen Schmerzen von Vorteil ist.
2009 kam eine Übersichtsarbeit zu folgendem Ergebnis: Die vorhandene Evidenz reicht nicht aus für die Aussage, dass Vitamin D bei Schmerzen eine wichtige Bedeutung hätte.

In verschiedenen neueren Studien gab es aber wieder deutliche Hinweise über Zusammenhänge zwischen der Vitamin-D-Konzentration und einer Schmerzsymptomatik. 2010 wurde eine Studie der University of Manchester publiziert, in der bei 3075 Männern der Schweregrad einer Schmerzsymptomatik beurteilt und die Vitamin-D3-Konzentration bestimmt wurde. Es zeigte sich eine moderate Assoziation zwischen Schmerzen und einem erhöhten Risiko für niedrige Vitamin-D-Konzentrationen.

In einer iranischen Studie wurden bei 276 Patienten mit unspezifischen Schmerzen des Bewegungsapparates die Vitamin-D3-Konzentrationen bestimmt. Es zeigte sich eine signifikant positive Assoziation zwischen einem Vitamin-D3-Mangel und Schmerzen des Bewegungsapparates. Bei Frauen war dieser Zusammenhang stärker ausgeprägt als bei Männern. Bei ambulanten Patienten mit Osteoporose und rheumatischen Erkrankungen wurden die Vitamin-D-Konzentrationen bestimmt. Eine Hypovitaminose D, d.h. Konzentrationen unter 30 µg/ l wurden bei immerhin 86 Prozent der 272 Patienten nachgewiesen.

Wissenschaftler der University of Tokio untersuchten einen möglichen Zusammenhang zwischen der Vitamin-D-Konzentration und radiologischen Veränderungen in Folge einer Kniearthrose. Es zeigte sich, dass der Vitamin-D-Spiegel mehr mit Knieschmerzen assoziiert war als mit nachweisbaren Veränderungen.

Wie eine Studie der Kuwait University gezeigt hat, ist ein Vitamin-D-Mangel ein unabhängiger Risikofaktor für die diabetische Neuropathie. Empfohlen werden jetzt Studien zur Klärung der Frage, ob eine Vitamin-D-Supplementierung die Entstehung oder den Verlauf dieser Erkrankung verzögern kann.

Mit Hilfe von Daten von NHANES 2001-2004 wurde untersucht, ob eine vom Patienten angegebene Polyneuropathie mit einem Vitamin-D-Mangel zusammenhängt. Dieser zunächst vermutete Zusammenhang konnte in der Studie bestätigt werden.

 

B-Vitamine

Bereits in verschiedenen älteren Studien wurde beobachtet, dass B-Vitamine die Wirksamkeit von Analgetika verbessern können. Mexikanische Wissenschaftler haben jetzt nachgewiesen, dass eine Kombinationstherapie aus Diclofenac plus Viamin B1, B6 und B12 auch bei akuten Schmerzzuständen, z.B. durch Frakturen und chirurgische Eingriffe, einer Monotherapie mit Diclofenac überlegen ist.

 

Aminosäuren

Wissenschaftler aus Teneriffa und Granada konnten nachweisen, dass eine Supplementierung von Glycin (2 x 5 g täglich) zu sehr guten Resultaten bei der Behandlung von Arthrose- und Osteoporosebeschwerden führte. Bei allen 600 Versuchsteilnehmern konnte eine nachweisbare Verbesserung der Symptomatik festgestellt werden. Glycin ist in größeren Mengen in den Kollagenen enthalten, außerdem ist Glycin ein wichtiger Teil des Glutathionmoleküls und besitzt antientzündliche Eigenschaften.

N-Acetyl-Cystein konnte in einem Zellversuch die oxidative Schädigung von Chondrozyten in vollem Umfang aufheben. Der oxidative Stress spielt eine zentrale Rolle sowohl bei degenerativen als auch bei entzündlichen Gelenkerkrankungen.

 

 

Referenzen:
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Autor:
Dr. Hans-Günter Kugler, Februar 2012

 

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