Vitamine: Biomoleküle mit vielfältigen Stoffwechselfunktionen

 

Vitamine

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

Vitamine regulieren Stoffwechselreaktionen

Definitionsgemäß sind Vitamine organische Verbindungen, die der Körper nicht selbst oder nicht in ausreichenden Mengen herstellen kann. Die Vitamine gehören zu den Mikronährstoffen. Sie dienen dem Organismus nicht als Energielieferanten oder als Bausteine von Organen und Geweben. Vitamine sind an sehr vielen Stoffwechselreaktionen im Organismus beteiligt und haben auch regulatorische Funktionen für die Verwertung von Makronährstoffen. Einige Vitamine sind für das Zellwachstum und für die Zelldifferenzierung notwendig sowie für die Regulierung des Calcium- und Phosphatstoffwechsels. Außerdem sind Vitamine auch Bestandteile des antioxidativen Systems der Zellen.

 

Fettlösliche und wasserlösliche Vitamine

Vitamine gehören ganz unterschiedlichen Stoffklassen an und werden nicht durch ihre chemische Struktur, sondern durch ihre Wirkung definiert. Vitamine können sich gegenseitig auch nicht ersetzten, da sie ganz spezifische Funktionen im Stoffwechsel aufweisen. Vitamine werden in wasserlösliche und fettlösliche Verbindungen unterteilt.

Die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K können zum Teil in erheblichen Mengen im Fettgewebe und in der Leber gespeichert werden. Fettlösliche Vitamine werden auch nur in geringerem Umfang ausgeschieden, so dass es durch eine überhöhte Zufuhr, z. B. Vitamin A und D, auch zu Vergiftungserscheinungen kommen kann.

Zu den wasserlöslichen Vitaminen gehören die Vitamine B1, B2, B3, B6, B12, Folsäure, Biotin, Pantothensäure und Vitamin C. Für die wasserlöslichen Vitamine gibt es mit Ausnahme des Vitamin B12 keine wirklichen Speicher, da ein Vitaminüberschuss auch schnell wieder ausgeschieden wird.
Die geringe Speicherkapazität führt auch dazu, dass bei manchen B-Vitaminen, z. B. Vitamin B1, sehr schnell ein Mangel auftreten kann.

 

Vitamine sind häufig instabil

Vitamine sind oftmals chemisch labile Verbindungen, die empfindlich auf Hitze, Licht und PH-Veränderungen reagieren. Deshalb können bei der Zubereitung der Lebensmittel auch erhebliche Vitaminverluste auftreten.


Vitamingehalt kann beträchtlich schwanken

Angaben in Nährwerttabellen zum Vitamingehalt von Lebensmitteln sind nur ein grober Anhaltspunkt, da der Vitamingehalt von den Lagerungsbedingungen, der Lagerungsdauer, den Anbaumethoden und anderen Faktoren abhängt.

Entscheidend für die Vitaminversorgung ist nicht der absolute Gehalt des Vitamins in den Nahrungsmitteln, sondern vor allem die Verfügbarkeit für den Organismus. Vitamine müssen häufig erst energieaufwendig aus chemischen Bindungen freigesetzt werden. Es gibt zahlreiche absorbtionshemmende Nahrungsfaktoren in den Lebensmitteln. Mit zunehmendem Lebensalter kommt es darüber hinaus zu einer Beeinträchtigung der Verdauungsleistung.

 

Latente Vitaminmängel sind häufiger als gedacht

Die klassischen Vitamin-Mangel-Erkrankungen wie Skorbut, Pellagra, Beri Beri sind heute in den Industriestaaten weitgehend ausgestorben. Trotzdem werden bei uns auch immer wieder Fälle von Skorbut (massiver Vitamin-C-Mangel) bekannt. Die Vitaminversorgung ist in bestimmten Bevölkerungsgruppen alles andere als optimal, wie die Nationale Verzehrsstudie II gezeigt hat.

Die Vitaminforschung hat in den letzten Jahrzehnten gezeigt, dass bereits eine suboptimale Versorgung mit Vitaminen zu komplexen Störungen des Stoffwechsels führen kann, woraus sich dann im Laufe der Zeit Zivilisationskrankheiten entwickeln können. Die Störungen bestehen in einer verminderten Aktivität vitaminabhängiger Enzyme und einem Abfall der Synthese von Stoffwechselprodukten.

Die ersten Anzeichen einer unzureichenden Vitaminversorgung sind oftmals sehr unspezifisch und machen sich in Symptomen wie Antriebslosigkeit, Erschöpfung, Infektanfälligkeit, Müdigkeit, Hirnleistungsstörungen etc. bemerkbar. Auch viele sogenannte Stoffwechselschwächen oder Beschwerden, die dem Alter zugesprochen werden, können in Wahrheit auf eine unzureichende Vitaminversorgung beruhen.

Die klinisch sichtbaren Zeichen eines Vitaminmangels sind also häufig nur die Spitze des Eisbergs. Eine suboptimale Versorgung macht sich viel früher durch biochemische Veränderungen bemerkbar.

 

Vitaminmängel erkennen

In der Mikronährstoffmedizin geht es zunächst einmal darum, Vitaminmängel zu objektivieren und dann eine gezielte Nahrungsergänzung durchzuführen. Vitamine können in hoher Dosierung auch manchmal im pharmakologischen Sinne eingesetzt werden, z. B. als Schmerzmittel, was dann meist über die reine Nährstofffunktion hinausgeht. Es gibt zahlreiche Wechselwirkungen zwischen Vitaminen und Medikamenten. Die Einnahme zahlreicher Medikamente kann zu beträchtlichen Vitaminmängeln führen. Zu erwähnen ist hier z. B. ein Vitamin-B12-Mangel durch Metformin oder ein Vitamin-B2-Mangel durch die Einnahme von Antidepressiva.
Viele weitverbreitete gesundheitliche Störungen wie Erschöpfung, Müdigkeit, psychische Befindlichkeitsstörungen, Hirnleistungsstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen lassen sich häufig durch eine Supplementierung von Vitaminen und anderen Mikronährstoffen bessern.

 

Kurzportraits der Vitamine

 

Vitamin C

Vitamin C ist ein wasserlösliches Vitamin, das von höheren Pflanzen aus Glucose gebildet wird und entsprechend weit verbreitet vorkommt. Vitamin C ist ein hoch effektives Antioxidans und schützt Proteine, Lipide, Kohlenhydrate und Nukleinsäuren vor freien Radikalen.

Vitamin C kann auch andere Antioxidantien wie Vitamin E regenerieren. Es ist an zahlreichen Synthesereaktionen im Stoffwechsel beteiligt, z.B. an der Bildung von Kollagen, Carnitin, Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin, CRH und TRH.

Vitamin C ist auch für den Abbau von Cholesterin und für die Gallensäuren-Synthese erforderlich. Eine wichtige Bedeutung hat Vitamin C im Immunsystem, wie Stimulierung der Aktivität und Funktionsfähigkeit der Leukozyten, Schutz der Immunzellen vor oxidativem Stress u.v.m. Vitamin C besitzt auch Endothel-protektive Eigenschaften. In mehreren randomisierten Doppelblindstudien wurde nachgewiesen, dass eine Behandlung mit Vitamin C die Funktionsfähigkeit der Blutgefäße verbessert. Eine Vitamin-C-Supplementierung kann bei vielen Herz-Kreislauf-Erkrankungen sinnvoll sein, z.B. Koronare Herzkrankheit, arterielle Hypertonie oder Schlaganfälle. Diabetes Mellitus gehört zu den Erkrankungen, bei denen der oxidative Stress eine wichtige pathophysiologische Rolle spielt. Auch hier ist eine Vitamin-C-Supplementierung häufig von Vorteil. Es gibt zunehmend Beweise dafür, dass intravenös verabreichtes Vitamin C bei Tumorerkrankungen eine gute Wirksamkeit zeigt. Allerdings ist die Studienlage hierzu nicht eindeutig.

Vitamin C fördert auch den Histaminabbau und kann deshalb auch vor der Seekrankheit schützen. Vitamin C kann man also wirklich als "Multitalent" bezeichnen.

Vitamin E

Unter dem Begriff Vitamin E werden acht verschiedene Substanzen zusammengefasst, die sich in ihrer Molekularstruktur gering unterscheiden. Die bedeutendste in der Natur vorkommende Vitamin-E-Verbindung ist das alpha-Tocopherol. Vitamin E wird ausschließlich in höheren Pflanzen und Mikroorganismen gebildet. Im Anfangsstadium der Pflanzenentwicklung werden bevorzugt Tocotrienole gebildet, später Tocopherole. Öle, Nüsse und Samen sind gute Quellen für Vitamin E.

Vitamin E ist das bedeutendste fettlösliche Antioxidans und Bestandteil aller Zellmembranen. Es ist ein Schutzfaktor gegen die Lipidperoxidation mehrfach ungesättigter Fettsäuren. Deshalb steigt der Vitamin-E-Bedarf parallel zur Aufnahme von mehrfach ungesättigten Fettsäuren. In Folge seiner antioxidativen Schutzfunktion gegen die Lipidperoxidation wird Vitamin E selber oxidiert und dann durch Vitamin C, Glutathion, Selen und Ubichinol wieder in seine antioxidative Wirkform regeneriert.

Vitamin E hat antientzündliche und antithrombotische Eigenschaften. Vitamin E hemmt verschiedene Enzyme des Arachidonsäuremetabolismus, so dass die Entstehung entzündlicher Prozesse reduziert wird. Wegen seiner entzündungshemmenden Wirkung wird Vitamin E therapeutisch gerne bei rheumatischen Erkrankungen eingesetzt. Vitamin E besitzt auch immunstimulierende Eigenschaften und kann z.B. auch einer vorzeitigen Hautalterung entgegenwirken. Grundsätzlich ist bei allen radikal assoziierten Erkrankungen auch eine Nahrungsergänzung oder Therapie mit Vitamin E zu erwägen. Zu beachten ist, dass Vitamin E antithrombotisch wirkt, und es deshalb zu einer Verlängerung der Blutungszeit kommen kann.

Vitamin B1

Vitamin  B1 ist von zentraler Bedeutung für den Kohlenhydrat- und Energiestoffwechsel sowie für die Nervenfunktion. Vitamin B1 kommt im Körper als freies Thiamin sowie als Thiaminmonophosphat, Thiamindiphosphat und Thiamintriphosphat vor. Thiamintriphosphat ist ein essentieller Cofaktor für fünf Enzymkomplexe. Das Enzym Pyruvatdehydrogenase ist z.B. verantwortlich für die Einschleusung von Kohlenhydratmetaboliten in den Citratzyklus. Vitamin B1 ist also unentbehrlich für eine effiziente Energiegewinnung aus Kohlenhydraten. Alle Zellsysteme, die auf Glucose als Energieträger angewiesen sind, haben einen hohen Thiaminbedarf.

Thiamintriphosphat ist an der Nervenreizweiterleitung beteiligt durch Regulierung der Natrium-Permeabilität und Aufrechterhaltung des Membranpotentials.

Vitamin B1 wird auch für die Bildung von Neurotransmittern sowie für die Aufrechterhaltung des Redoxpotentials der Zellen (Glutathion-Recycling) benötigt. Der menschliche Körper verfügt über keinen Vitamin-B1-Speicher, so dass eine regelmäßige und ausreichende Vitamin-B1-Zufuhr notwendig ist.

Ein Thiaminmangel kann zu einem Wernicke-Korsakow-Syndrom führen, einer schweren Hirnerkrankung, die mit neurologischen und psychiatrischen Symptomen einhergeht. Bei Patienten mit M. Alzheimer wurden Veränderungen des Vitamin-B1-Metabolismus nachgewiesen. Allerdings ist noch nicht ausreichend geklärt, ob Alzheimerpatienten von einer Vitamin-B1-Supplementierung profitieren. Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz haben häufig einen Vitamin-B1-Mangel, da die Einnahme von Diuretika zu vermehrten Vitamin-B1-Verlusten führt.

Bei Diabetikern ist der Vitamin-B1-Spiegel oft vermindert. Die Vitamine Thiamin und insbesondere das fettlösliche Benfotiamin erwiesen sich als effektiv zur Verminderung der Bildung von AGEs, die bekanntlich bei der Entstehung diabetischer Spätkomplikationen eine zentrale Rolle spielen. Vitamin B1 hat möglicherweise auch einen Schutzeffekt gegen eine Kataraktbildung. Häufig ist eine Nahrungsergänzung mit Vitamin B1 bei Erschöpfungszuständen, psychischen Befindlichkeitsstörungen, Gedächtnisstörungen etc. sinnvoll.

 

Vitamin B2 (Riboflavin)

Aus Vitamin B2 entstehen die Coenzyme Flavin-Mononukleotid (FMN) und Flavin-Adenin-Dinucleotid (FAD). Die Flavin-Coenzyme sind Bestandteile von über 60 Enzymen und spielen eine zentrale Rolle für viele Stoffwechselvorgänge. Zu erwähnen ist hier vor allem der Energiestoffwechsel in den Mitochondrien. FAD ist ein wichtiger Elektronenüberträger in der Atmungskette. Flavinenzyme sind auch erforderlich für die Entgiftungskapazität der Leber, für die Aktivität der Immunzellen und die Harnsäurebildung.

Vitamin B2 wird auch für die Regeneration von oxidiertem Glutathion zu reduziertem Glutathion benötigt und ist somit Teil des antioxidativen Schutzsystemes des Organismus. Bei einem Riboflavinmangel kommt es auch zu Störungen des Eisenstoffwechsels, außerdem ist der Metabolismus anderer Vitamine wie Folsäure, Vitamin B3, Vitamin B6 und Vitamin K beeinträchtigt. Eine Supplementierung von Vitamin B2 ist bei Erkrankungen aufgrund einer mitochondrialen Dysfunktion sinnvoll. Eine hochdosierte Vitamin-B2-Therapie hatte einen günstigen Effekt bei Migräne. Zu beachten ist auch, dass bei der Behandlung mit trizyklischen Antidepressiva häufig ein Vitamin-B2-Mangel auftritt.

Eine ausreichende Vitamin-B2-Versorgung ist zur Vermeidung von grauem Star unabdingbar. In Wachstumsphasen ist der Vitamin-B2-Bedarf deutlich erhöht. Gerade bei Kindern und Jugendlichen und auch bei älteren Menschen ist die Vitamin-B2-Versorgung häufig nicht bedarfsdeckend. Auch bei Veganern kann es zu Engpässen kommen.

 

Vitamin B3 (Niacin)

Niacin ist ein Sammelbegriff für Nikotinsäure und Nikotinamid sowie deren biologisch aktiven Coenzyme NAD(H) und NADP(H). NAD (Nicotinamid-Adenin-Dinucleotid) ist an über 400 Reaktionen im Stoffwechsel beteiligt. Es ist ein wichtiges Oxidationsmittel und spielt eine wesentliche Rolle beim Abbau von Kohlenhydraten, Fetten und Aminosäuren. NAD kann zwei Elektronen und ein Proton aufnehmen, die dann in den Mitochondrien zur Energiegewinnung genutzt werden. Dem gegenüber ist NADPH ein bedeutendes Reduktionsmittel, das Elektronen und ein Proton abgibt. NADPH wird für die Biosynthese von Cholesterin und Fettsäuren benötigt sowie für den Schutz von Sauerstoffradikalen. Insgesamt ist NADPH für ca. 30 Stoffwechselreaktionen erforderlich.

Neben seiner Beteiligung an Redoxreaktionen dient NAD auch zur Bildung von ADP-Ribose, einem Molekül das auf verschiedene Proteine übertragen werden kann. Diese Reaktionen sind wiederum wichtig für die DNA-Reparatur, die Zelldiffernzierung, die Signalübertragung u.v.m. NAD kann in einem gewissen Umfang auch aus der Aminosäure Tryptophan gebildet werden. In Ländern, in denen Mais ein Grundnahrungsmittel ist, wie z.B. Mexiko, kam es in der Vergangenheit häufig zum Auftreten von Vitamin-B3-Mangelerscheinungen, da der konventionelle Mais einen geringen Tryptophangehalt aufweist und darüber hinaus ein hoher Leucingehalt die Tryptophanaufnahme hemmt.

Niacin besitzt eine Reihe von gesundheitlichen Effekten, die sich mit einem Niacinmangel erklären lassen. Eine Therapie mit Nikotinsäure erhöht das HDL-Cholesterin und vermindert Lipoprotein(a)-Konzentrationen sowie die Konzentrationen von VLDL und LDL. Eine hochdosierte Therapie mit Nikotinsäure zählt zu den effektivsten Therapiemaßnahmen für die Behandlung einer Hypercholesterinämie. Es gibt auch Hinweise, dass Niacin die Entstehung eines Typ-1-Diabetes vermindern kann. Außerdem gibt es verschiedene Berichte über den Einsatz von Niacin bei der Schizophrenie. Hohe Dosen von Niacin, zusammen mit Vitamin C, konnten psychotische Symptome zum Stillstand bringen. Zu erwähnen ist noch, dass Nikotinamid bei der polymorphen Lichtdermatose wirksam ist und deshalb zur Vorbeugung von Sonnenallergien empfehlenswert ist.

Vitamin B6

Vitamin B6 ist die Sammelbezeichnung von drei ähnlichen Verbindungen, nämlich Pyridoxin, Pyridoxal und Pyridoxamin. Pyridoxal-5-phosphat (PLP) ist die Coenzymform und kann aus allen drei Vorstufen vom Organismus hergestellt werden. PLP ist für etwa 100 enzymatische Reaktionen erforderlich, vor allem im Stoffwechsel der Aminosäuren. Deshalb ist bei einer erhöhten Eiweißzufuhr auch der Vitamin-B6-Bedarf gesteigert. PLP ist erforderlich für die Neurotransmittersynthese und HEM-Synthese und ist ein Coenzym der Glykogenphosphorylase, das für die Freisetzung von Glukose aus Glykogen notwendig ist. Weitere Funktionen von PLP sind: Glukoneogenese, Bildung von Nukleninsäuren, Bildung von Niacin aus Tryptophan, Quervernetzung von Kollagen und Elastin sowie Homocysteinabbau zu Cystein. Außerdem beeinflusst Vitamin B6 auch die Wirkung verschiedener Steroidhormone. Bei einem Vitamin-B6-Mangel kommt es auch zu einer Beeinträchtigung der Immunkompetenz.

Höhere Plasmakonzentrationen von PLP waren in einer großen prospektiven Studie mit einem verminderten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen assoziiert, unabhängig vom Homocysteinspiegel. Es gibt auch Hinweise, dass höhere Vitamin-B6-Konzentrationen mit einer besseren kognitiven Leistungsfähigkeit verbunden sind; die Datenlage hierzu ist aber nicht einheitlich. Vitamin B6 wurde auch mit Erfolg zur Behandlung des Karpaltunnelsyndroms sowie des prämenstruellen Syndroms eingesetzt. Niedrige Vitamin-B6-Konzentrationen waren auch mit einer erhöhten Entzündungsaktivität assoziiert.

Wegen der vielseitigen Stoffwechselfunktionen von Vitamin B6 gibt es auch zahlreiche mögliche Anwendungsgebiete einer Vitamin-B6-Therapie, z.B. auch bei Osteoporose, Polyneuropathie, ADHS etc.

Vitamin B12

Das Vitamin B12 ist ein relativ großes und komplex aufgebautes Biomolekül, das als Besonderheit in seiner Molekularstruktur ein Cobaltatom enthält. Vitamin B12 ist Cofaktor von ausschließlich zwei Enzymen, nämlich der Methioninsynthase und Methylmalonyl-CoA-Mutase. Die Methioninsynthase wird für den Homocysteinabbau und für die Bildung der Aminosäure Methionin benötigt, die wiederum Ausgangssubstanz für die Bildung von SAM ist. Auf diesem Weg ist Vitamin B12 an vielen Methylierungsreaktionen beteiligt. Das Enzym Methylmalonyl-CoA-Mutase spielt eine bedeutende Rolle für die Bildung von Energie aus Fetten und Proteinen.

Das Vitamin-B12-Molekül kann ausschließlich von einigen Bakterienarten gebildet werden. Pflanzen stellen Vitamin B12 nicht her, weil sie keinen Bedarf für dieses Vitamin haben. Bedeutende Mengen an Vitamin B12 sind deshalb ausschließlich in Lebensmitteln tierischer Herkunft enthalten, weshalb Veganer unbedingt regelmäßig Vitamin B12 supplementieren sollten. Der Vitamin-B12-Mangel ist die am häufigsten zu therapierende Vitamin-Mangelerkrankung. Die Hauptursache hierfür liegt in einer Resorptionsstörung, hervorgerufen durch eine chronische Gastritis. Bei ca. 40 Prozent der älteren Menschen kann man verminderte Vitamin-B12-Serumspiegel nachweisen, unabhängig von ihren Ernährungsgewohnheiten. Durch die Einnahme von Säureblockern und dem Diabetesmedikament Metformin kommt es sehr häufig zu einem Vitamin-B12-Mangel. Ein Mangel an Vitamin B12 fördert sehr stark hirnatrophische Prozesse und ist mit einem erhöhten Risiko für Hirnleistungsstörungen und psychischen Befindlichkeitsstörungen assoziiert. Die neuropsychiatrischen Symptome können bereits vor der Entstehung einer megaloblastären Anämie auftreten.

Folsäure

Natürlich vorkommende Folsäure-Abkömmlinge (Folate) kommen in vielen chemischen Formen vor. Besonders folatreich sind dunkelgrüne Blattgemüse und Vollkornprodukte. Die biologisch aktive Form der Folsäure ist die Tetrahydrofolsäure (THF). In ihrer Funktion als Coenzym überträgt sie so genannte Einkohlenstoffgruppen. Dies ist z.B. beim Abbau von Homocystein, Cystein, Tryptophan und Serin der Fall. Die Bildung von DNA aus den Vorläufermolekülen ist ebenfalls von Folsäure-Coenzymen abhängig.

Mehr als 80 Studien haben gezeigt, dass selbst moderat erhöhte Konzentrationen von Homocystein das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen steigern. Erhöhte Homocysteinspiegel werden durch die Vitamine B6, B12 und Folsäure reguliert, wobei Folsäure hierbei den größten Effekt hat. Folsäurereiche Ernährungsformen waren mit einem verminderten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen assoziiert. Eine ausreichende Folsäurezufuhr ist vor allen Dingen in der Schwangerschaft zur Vermeidung von Neuralrohrdefekten wichtig.

Verschiedene Beobachtungsstudien haben gezeigt, dass ein verminderter Folsäurestatus mit verschiedenen Tumorarten assoziiert war, z.B. Tumore des Dick- und Enddarms, der Lunge, der Speiseröhre, des Gehirns, der Bauchspeicheldrüse, der Brust sowie des Gebärmutterhalses.

Folsäure spielt eine wichtige Rolle für Methylierungskonzentrationen und ist deshalb sehr wichtig für eine normale Gehirnfunktion. In mehreren Studien zeigte sich ein Zusammenhang zwischen niedrigen Folsäure-Konzentrationen und einer Beeinträchtigung der Hirnleistungsfähigkeit bei älteren Personen.

Es ist noch nicht abschießend geklärt, inwieweit die Folsäureversorgung mit der Alzheimererkrankung zusammenhängt.

Biotin

Biotin ist ein Vitamin der B-Gruppe und in geringen Konzentrationen in vielen Lebensmitteln enthalten. Biotin ist ein Cofaktor von Carboxylasen, die an wichtigen Stoffwechselreaktionen beteiligt sind. Beispiele sind die Synthese von Fettsäuren, die Bildung von Glukose im Rahmen der Glukoneogenese und der Abbau von Leucin. Das Anheften von Biotin an Histone spielt eine wichtige Rolle für die Regulierung der DNA-Replikation und Transkription.

Während der Schwangerschaft kommt es zu einem verstärkten Biotinabbau, und die Biotinvesorgung verschlechtert sich. Man kann davon ausgehen, dass wenigstens ein Drittel der schwangeren Frauen einen marginalen Biotinmangel entwickelt. Bereits ein marginaler Biotinmangel kann auch zu Missbildungen beim ungeborenen Kind führen, so dass während der Schwangerschaft auch eine Biotinsupplementierung anzuraten ist. Bei Diabetespatienten kann eine Biotinsupplementierung die Glucosekonzentration senken. Biotin stimuliert die Gluconeogenese, ein Enzym, das die Bildung von Glycogen fördert. Möglicherweise ist die günstige Wirkung von Biotin bei Diabestpatienten auch auf andere Effekte zurückzuführen.

Verschiedene Studien haben auch gezeigt, dass Biotin bei Strukturdefekten der Nägel sowie bei Haarausfall eine positive Wirkung hat.