Morbus Parkinson und Mikronährstoffe

 

parkinson 1 320Der Morbus Parkinson ist nach der Alzheimer-Demenz die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Die Häufigkeit der Erkrankung steigt mit zunehmendem Alter. Zwischen 65 und 75 Jahren sind rund ein Prozent der Bevölkerung betroffen, bei den 75- bis 85-jährigen sind es rund 4,5 Prozent. Die allermeisten Fälle sind idiopathisch, d. h. es ist keine fassbare Ursache bekannt. Männer sind häufiger betroffen als Frauen, und man kann davon ausgehen, dass mit zunehmender Alterung der Bevölkerung die Häufigkeit der Parkinsonerkrankung ansteigen wird.

Der Morbus Parkinson wird über seine klinischen Symptome definiert: verminderte bzw. verlangsamte Bewegungen (Hypokinese), wachsende Erhöhung des Muskeltonus (Rigor), Ruhetremor, Haltungsinstabilität. Weitere klassische Parkinsonsymptome sind Maskengesicht, Speichelfluss, Rückenschmerzen und vieles mehr. Bereits vor dem Auftreten motorischer Symptome können neuropsychiatrische und autonome Störungen auftreten. Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung kann sich auch eine Demenz entwickeln. Beweisend für die Diagnose Morbus Parkinson ist eine Besserung der Symptome nach einer L-Dopa-Einnahme.

Die klinische Symptomatik des Morbus Parkinson entsteht durch einen Dopaminmangel im Striatum, wodurch ein Neurotransmitterungleichgewicht in den Basalganglien ausgelöst wird. Die Parkinsonsymptomatik tritt erst auf, wenn etwa die Hälfte der 500.000 dopaminergen Neuronen in der Substantia nigra zugrunde gegangen ist. Die Erkrankung ist ursächlich nicht behandelbar, die Behandlung der Symptome ist aber recht gut durch Medikamente möglich, die die Dopaminwirkung verstärken oder durch Verabreichung von L-Dopa.

Es gibt eine ganze Reihe von Risikofaktoren, die die Entstehung eines Morbus Parkinson begünstigen. Dazu zählen ein westlicher Ernährungsstil mit wenig Obst und Gemüse, ein Antioxidantienmangel, ein reichlicher Verzehr von Milchprodukten, eine toxische Belastung durch Pestizide und Schwermetalle, eine verminderte Entgiftungskapazität für Umweltgifte und psychischer Dauerstress.

In den letzten Jahren gibt es aber immer mehr Hinweise, dass die Erkrankung möglicherweise im Nervensystem des Darms ihren Anfang nimmt. Lange bevor neurologische Symptome auftreten, lassen sich in den Nervenzellen des Darms und dem Nervus vagus Ablagerungen des Eiweißes Alpha-Synuclein nachweisen, das auch häufig in den Gehirnen von Parkinson-Patienten vorkommt.

An der Entstehung neurodegenerativer Prozesse sind verschiedene Faktoren beteiligt, zum Beispiel ein oxidativer und nitrosativer Stress, eine erhöhte Entzündungsaktivität im Gehirn, ein Energiemangel der Nervenzellen als Folge einer Fehlfunktion der Mitochondrien, erhöhte Homocysteinkonzentrationen und eine gesteigerte Aktivität von Glutamatrezeptoren mit daraus resultierender Übererregbarkeit der Nervenzellen. Nervenzellen im Hirnstamm wie die dopaminergen Neurone in der Substantia Nigra sind in besonderem Maße anfällig gegenüber Schädigungsfaktoren. Die Nervenzellen im Hirnstammbereich haben besonders lange und stark verzweigte Axone, deren metabolische Versorgung einen hohen Aufwand bedeutet. Sie reagieren deshalb besonders empfindlich auf Störungen des Zellstoffwechsels.

Die Funktionsfähigkeit des Gehirns ist in hohem Maße abhängig von einer ausreichenden Versorgung mit Mikronährstoffen. Mikronährstoffe sind wichtig für den Energiestoffwechsel der Nervenzellen, für den antioxidativen Schutz, für die Begrenzung der Entzündungsaktivität, für die Regulierung der Nervenerregbarkeit, für die Bildung von Myelin, Synapsen und Dendriten und vieles mehr.

Über den Zusammenhang zwischen Morbus Parkinson und Mikronährstoff-Defiziten wurden zahlreiche Studien publiziert. Grundlage der folgenden Aussagen sind Fachartikel und Studienergebnisse, die in den letzten Jahren veröffentlicht wurden.

 

B-Vitamine

Die B-Vitamine sind von grundlegender Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des zentralen Nervensystems und zur Prävention neurodegenerativer Erkrankungen.

In einem Fachartikel im Jahr 2017 beschäftigten sich chinesische Wissenschaftler mit dem Zusammenhang zwischen einem Vitamin-B1-Mangel und neurodegenerativen Erkrankungen. Ein Vitamin-B1-Mangel würde im Gehirn zu oxidativem Stress, zu Störungen des endoplasmatischen Reticulum und zu Autophagie führen, was neurodegenerative Prozesse bewirken könne.

Schwedische Wissenschaftler publizierten 2020, dass niedrige Vitamin-B1- und Phosphatkonzentrationen mit einer milden kognitiven Beeinträchtigung bei männlichen Parkinson-Patienten assoziiert waren.

Forscher aus Saudi-Arabien bewerteten Vitamin B2 als neuroprotektive Substanz mit therapeutischen Optionen bei verschiedenen neurologischen Erkrankungen, unter anderem auch beim Morbus Parkinson. Vitamin B2 könne den oxidativen Stress, die mitochondriale Dysfunktion, die Entzündungsaktivität im Gehirn sowie das neurotoxische Potenzial von Glutamat vermindern.

In einer US-amerikanischen Studie, publiziert 2021, wurde nachgewiesen, dass eine Supplementierung von Vitamin B3 das Voranschreiten der Parkinsonerkrankung verlangsamen konnte. Vitamin B3 ist bekanntlich von zentraler Bedeutung für den Energiestoffwechsel der Nervenzellen. Ein Vitamin-B3-Mangel kann mit verschiedenen Symptomen des Morbus Parkinson assoziiert sein.

Wissenschaftler der Universität Tübingen haben herausgefunden, dass Vitamin B3 möglicherweise das Absterben von dopaminhaltigen Neuronen stoppen kann und somit ein Wirkstoffkandidat für die Therapie des Morbus Parkinson ist.

Bei Parkinson-Patienten, die mit L-Dopa behandelt werden, sollte auch auf die Vitamin-B6-Versorgung geachtet werden. Jedenfalls fanden spanische Wissenschaftler bei Patienten unter L-Dopa häufig niedrige Vitamin-B6-Spiegel. Parkinson-Patienten, die mit L-Dopa und einem Decarboxylase-Hemmer behandelt werden, sollten Vitamin B6 aber nicht in hohen Dosen einnehmen.

Aus einer Publikation der Mayo Klinik von 2020 geht hervor, dass höhere Vitamin-B12-Spiegel zu Beginn der Parkinsonerkrankung mit einem niedrigeren Risiko für eine Demenzentwicklung fünf Jahre nach der Parkinson-Diagnose verbunden waren.

2020 veröffentlichten chinesische Wissenschaftler eine Metaanalyse über die Zusammenhänge zwischen Homocystein, Folsäure und Vitamin B12 bei chinesischen Parkinson-Patienten. Die Parkinson-Patienten hatten höhere Homocysteinspiegel als Kontrollpersonen. Die Konzentrationen von Folsäure und Vitamin B12 waren bei den Parkinson-Patienten niedriger als in der Kontrollgruppe.

 

Fettlösliche Vitamine

Veränderungen der Vitamin-A-Signalwege können auch zur Pathogenese und Pathophysiologie der Parkinsonerkrankung beitragen. Es gibt aber keine ausreichende Evidenz dafür, dass Vitamin A oder Carotinoide das Risiko für die Entwicklung der Parkinsonerkrankung wesentlich beeinflussen.

Vitamin E ist ein wichtiges fettlösliches Antioxidans und von zentraler Bedeutung für den Schutz der Fettstrukturen im ZNS vor Lipidperoxidation. Klinische Studien mit Parkinson-Patienten haben gezeigt, dass eine höhere Zufuhr von Vitamin E invers mit dem Auftreten von Morbus Parkinson assoziiert war.

Koreanische Wissenschaftler publizierten 2021 eine Metaanalyse über den Effekt der Aufnahme von Vitamin C und E auf das Risiko der Parkinsonerkrankung. In die Metaanalyse wurden zwölf Studien einbezogen. Die Auswertung der Daten ergab, dass Vitamin E einen Schutzeffekt gegen die Parkinsonerkrankung hatte. Bei Vitamin C konnte dieser Effekt nicht nachgewiesen werden.

Vitamin D hat eine wichtige Funktion in der Prävention und Behandlung der Parkinsonerkrankung. Diesbezüglich wurden auch zahlreiche Studien publiziert. Exemplarisch veröffentlichten italienische Wissenschaftler im November 2020, dass die Serumkonzentration von 25(OH)D negativ mit dem Schweregrad der Parkinsonerkrankung assoziiert war. Der Vitamin-D-Status war auch wichtig für den Erhalt der kognitiven Funktionen. Niedrige Vitamin-D-Konzentrationen begünstigten das Voranschreiten der Erkrankung.

 

Antioxidantien beim Morbus Parkinson

Bei der Entstehung von Morbus Parkinson sind verschiedene Faktoren beteiligt, unter anderem auch eine Schädigung der Nervenzellen durch oxidativen Stress durch eine vermehrte Produktion freier Radikale und durch Verminderung der antioxidativen Kapazität auf zellulärer Ebene. Inwieweit eine vermehrte Zufuhr von Antioxidantien einen Schutzeffekt gegen neurodegenerative Erkrankungen hat, ist schwierig zu belegen, weil dies nur in langjährigen randomisiert-kontrollierten Studien klar nachgewiesen werden könnte. Im Januar 2021 berichtete Ärztezeitung.de über eine Publikation von Epidemiologen der Universität Mailand. Die Wissenschaftler hatten Daten von 44.000 Männern und Frauen der schwedischen März-Kohorte ausgewertet. Eine hohe Aufnahme von Vitamin C und E über die Nahrung konnte vor allem bei übergewichtigen Personen das Parkinson-Risiko reduzieren. Zur Prävention und zur begleitenden Therapie bei Morbus Parkinson sollte auf jeden Fall auf eine ausreichende Zufuhr von Antioxidantien geachtet werden.

Aminosäuren

Generell kommt es bei älteren Menschen zu einem erhöhten oxidativen Stress, der mit einer Verminderung der Cysteinkonzentration im Blutserum einhergeht. Cystein ist eine wichtige schwefelhaltige Aminosäure und meist der limitierende Faktor für die Glutathionsynthese. Glutathion ist das wichtigste intrazelluläre Antioxidans. Eine vermehrte Entstehung von Sauerstoff- und Stickstoffradikalen, wie sie beim Morbus Parkinson typischerweise auftritt, erhöht den Glutathionverbrauch und Glutathionbedarf.

US-Wissenschaftler haben 2019 publiziert, dass eine Supplementierung von N-Acetylcystein (NAC) als Infusion und als orale Therapie über einen Zeitraum von drei Monaten bei Parkinson-Patienten zu einer Verbesserung des dopaminergen Systems führte, mit positiven klinischen Effekten.

Wissenschaftler aus Japan publizierten 2021 einen Übersichtsartikel über Glutathion und verwandte Moleküle bei Morbus Parkinson. Es gebe eine zunehmende Evidenz dafür, dass eine Dysfunktion antioxidativer Moleküle, einschließlich reduziertem Glutathion, an der Pathogenese der Parkinsonerkrankung beteiligt ist. Glutathion sei besonders wichtig zur Verhinderung der Autoxidation von Dopamin in dopaminergen Neuronen.

Forscher aus Griechenland konnten nachweisen, dass bei Altenheimbewohnern eine Verminderung der Glutathionkonzentration im Plasma mit der Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Parkinson assoziiert war. Eine Verminderung der Glutathionkonzentration im Plasma ist eine der ersten nachweisbaren biochemischen Veränderungen beim Morbus Parkinson.

Die Aminosäure Taurin ist eine schwefelhaltige Aminosäure mit sehr vielfältigen Eigenschaften. Eine Supplementierung mit Taurin kann besonders bei Erkrankungen mit mitochondrialen Defekten vorteilhaft sein. Dazu gehören auch die neurodegenerativen Erkrankungen.

Die Aminosäuren Phenylalanin und Tyrosin sind Vorläufersubstanzen für die Bildung von Dopamin und der anderen Katecholamine. Aufgrund biochemischer Überlegungen könnte man annehmen, dass eine Supplementierung von Tyrosin die Dopamin-Konzentration im Gehirn anhebt, was sich in der Praxis aber in der Regel nicht bewahrheitet. Trotzdem spricht wenig dagegen, zumindest im Anfangsstadium der Parkinsonerkrankung einen Therapieversuch mit Tyrosin zu machen.

 

Mineralstoffe und Spurenelemente

Wissenschaftler aus Pakistan fanden bei Parkinson-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen in jedem Krankheitsstadium niedrigere Konzentrationen der Elektrolyte.

Forscher aus Japan haben 2021 publiziert, dass die häufige Verabreichung von L-Dopa in erheblichem Umfang die Zinkkonzentration im Serum beeinflusste, was besonders für die Entstehung psychiatrischer Symptome eine Rolle spielen könne. Bei der Behandlung des Morbus Parkinson sei deshalb die Vermeidung eines Zinkmangels von Bedeutung. Trotz eines systemischen Zinkmangels kann es aber bei neurodegenerativen Erkrankungen auch zu einer Anreicherung von Zink im Gehirn kommen mit möglichen toxischen Effekten. Eine Zink-Supplementierung beim Morbus Parkinson sollte also mit großer Vorsicht erfolgen.

Selen ist ein wichtiges antioxidatives Spurenelement und deshalb von großer Bedeutung zur Begrenzung des oxidativen Stresses. Es gibt aber keine Studien über den therapeutischen Nutzen einer Selen-Supplementierung beim Morbus Parkinson.

Vitaminoide

Chinesische Wissenschaftler fanden bei Parkinson-Patienten verminderte Konzentrationen von Carnitin und von Carnitin-Metaboliten. Die gefundenen Veränderungen des Carnitin-Stoffwechsels seien Beweis für eine mitochondriale Dysfunktion beim Morbus Parkinson.

Coenzym Q10 spielt eine wichtige Rolle im mitochondrialen Energiestoffwechsel und ist auch ein fettlösliches Antioxidans. Eine Supplementierung von Coenzym Q10 konnte aber in Studien den Krankheitsverlauf von Morbus Parkinson nicht wesentlich beeinflussen. Möglicherweise hat eine Kombination von Coenzym Q10 und Kreatin eine höhere Wirksamkeit.

Verschiedene ältere Studien zeigten eine Milderung der Symptome bei der Anwendung von NADH.

 

Fettsäuren

2019 haben italienische Wissenschaftler publiziert, dass eine Verabreichung von Omega-3-Fettsäuren im Anfangsstadium von neurodegenerativen Erkrankungen von Vorteil sein kann. Die Omega-3-Fettsäuren könnten den kognitiven und körperlichen Abbau verlangsamen.

 

Fazit
Zur Prävalenz und Behandlung des Morbus Parkinson ist die Sicherstellung einer guten Versorgung mit Mikronährstoffen von großer Bedeutung. Vor einer Supplementierung nervenrelevanter Mikronährstoffe sollte zunächst eine Mikronährstoffanalyse erfolgen, weil nur dadurch die Versorgungslage richtig beurteilt werden kann. Als geeignete Mikronährstoffanalyse empfehlen wir den DCMS-Neuro-Check, der im Einzelfall durch weitere Parameter ergänzt werden kann.

 

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