Osteoporose und Mikronährstoffe

 

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Die Osteoporose zählt nicht nur zu der häufigsten Knochenerkrankung im Alter, sondern auch zu den häufigsten Alterserkrankungen. In Deutschland leiden etwa 6,3 bis 7,9 Millionen Menschen an einer Osteoporose. Die Diagnose Osteoporose wird bei Frauen etwa viermal häufiger gestellt als bei Männern. Die Knochendichte dient als die wesentliche diagnostische Messgröße für Osteoporose. Als krankhaft werden Knochendichtewerte angesehen, die 2,5 Standardabweichungen unter dem statistischen Mittelwert von jungen Erwachsenen liegen. Die Osteoporose tritt mit zunehmendem Alter immer häufiger auf. In der Altersgruppe der über 65-jährigen ist bei 23,4 Prozent der Frauen eine Osteoporose nachweisbar, bei den über 75-jährigen bereits bei 59,2 Prozent.

Bei der Osteoporose liegt ein Verlust an Knochenmasse vor. Die Veränderungen der Knochendichte führen zur Strukturänderungen in der Knochenarchitektur, wodurch wiederum das Risiko für Frakturen steigt. Die mit Abstand häufigste Form der Osteoporose ist die primäre Osteoporose, die im Gegensatz zur sekundären Osteoporose nicht als Folge von anderen Krankheiten auftritt. Eine zentrale Rolle für die Entstehung der primären Osteoporose spielen Veränderungen in der Konzentration der Sexualhormone. Die primäre Osteoporose wird bei Frauen wesentlich durch den Abfall des Östradiols in der Menopause gefördert.

Das Osteoporoserisiko wird unter anderem durch genetische Faktoren bestimmt. Vorbeugend wirkt eine ausreichende körperliche Aktivität. Auch die Art der Ernährung ist von großer Bedeutung. Osteoporosefördernd wirkt zum Beispiel eine zu geringe Kalorien- und Proteinaufnahme, aber auch eine zu hohe Zufuhr tierischer Proteine, die die Säurebelastung des Organismus erhöht. Als Folge der Säurebelastung kommt es zu einer vermehrten Mobilisierung und Ausscheidung von Mineralstoffen und Spurenelementen. Tierische Proteine sollten also eingeschränkt und pflanzliche Proteine vermehrt verzehrt werden. Außerdem ist ein reichlicher Verzehr von Obst und Gemüse gut für den Knochenstoffwechsel. Ungünstig für die Knochengesundheit ist eine hohe Zufuhr von phosphorsäurehaltigen Getränken wie zum Beispiel Cola und eine hohe Kochsalzzufuhr. Risikofaktoren für die Osteoporose sind auch Rauchen sowie ein hoher Alkohol- und Koffeinkonsum.

Die gängigen Empfehlungen zur Prävention der Osteoporose beschränken sich meist auf die Erhöhung der Calciumzufuhr, obwohl die wissenschaftliche Datenlage seit langem zeigt, dass dieser Ansatz wenig erfolgversprechend ist. Calcium ist zwar quantitativ der dominante Mineralstoff für den Knochenaufbau; Osteoporose ist aber keine reine Calciummangelerkrankung. Für den Aufbau und Erhalt der Knochensubstanz sind viele Mikronährstoffe erforderlich. Problematisch sind auch Empfehlungen zu einer Steigerung des Verzehrs von Milchprodukten. Milchprodukte sind keine ideale Calciumquelle. Ausgerechnet die Länder mit dem höchsten Milchkonsum haben auch die höchste Osteoporoserate. In afrikanischen Ländern werden häufig nur geringe Mengen an Milchprodukten verzehrt, Osteoporose tritt aber viel seltener auf als zum Beispiel in Mittel- und Nordeuropa.

Grundsätzlich wird die Häufigkeit eines Calciummangels eher überschätzt, während die Versorgung mit anderen Mikronährstoffen meist gar nicht beachtet wird. Die Sicherstellung der Versorgung mit allen erforderlichen Knochenbausteinen ist eine unerlässliche Maßnahme zur Prävention der Osteoporose und zur Verminderung des Frakturrisikos im Alter. Die Prävention der Osteoporose ist deutlich erfolgversprechender als die Therapie einer bereits bestehenden Osteoporose mit ihren Folgeerscheinungen.

 

Vitamine

Eine ausreichende Versorgung ist wichtig für den Knochenstoffwechsel. Eine Unterversorgung mit Vitamin A führt zu Substanzverlusten mit erhöhtem Frakturrisiko. In verschiedenen Studien war eine hohe Vitamin-A-Aufnahme mit einem erhöhten Frakturrisiko assoziiert. Eine große norwegische Studie mit 21.774 Studienteilnehmern im Alter zwischen 65 und 79 Jahren fand aber keinen Hinweis dafür, dass hohe Retinolspiegel im Serum zu vermehrten Schenkelhalsbrüchen führten. Jedenfalls ist empfehlenswert, nicht mehr als 10.000 IE Vitamin A pro Tag einzunehmen einschließlich des mit der Nahrung aufgenommenen Vitamin A.

Vitamin E ist ein wichtiges fettlösliches Antioxidans mit antientzündlichen Eigenschaften. Wissenschaftler aus dem Iran publizierten im Februar 2021, dass eine hohe antioxidative Kapazität bei postmenopausalen Frauen das Osteoporoserisiko verminderte. Eine Metaanalyse chinesischer Wissenschaftler ergab, dass eine erhöhte Zufuhr antioxidativer Vitamine das Frakturrisiko bei Männern insgesamt reduzierte. Hierbei hatte die Vitamin-E-Aufnahme den größten Einfluss.

Vitamin D ist von zentraler Bedeutung für eine ausreichende Knochendichte. Osteoporose kann auch als Langzeitfolge einer unzureichenden Vitamin-D-Versorgung angesehen werden. Die vorbeugende Wirkung von Vitamin D gegen die Entstehung einer Osteoporose beruht hauptsächlich auf einer Verbesserung der Calciumaufnahme. Eine gute Vitamin-D-Versorgung bei älteren Menschen kann den Knochenabbau verlangsamen und damit die Folgen einer Osteoporose vermindern. Bei älteren Menschen ist die Fähigkeit zur Vitamin-D-Synthese durch die Haut stark vermindert, weshalb auch im Sommer die Vitamin-D-Spiegel oftmals sehr niedrig sind. Im Hinblick auf die Knochengesundheit sind 25-(OH)-D-Konzentrationen >30 Nanogramm/Milliliter anzustreben.

Vitamin K ist ein Cofaktor für Carboxylierungsreaktionen, die auch im Knochenstoffwechsel eine wichtige Rolle spielen. Die Carboxylierung von Osteocalcin hat eine zentrale Bedeutung für die Mineralisierung des Knochens. In einigen Studien zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der Vitamin-K-Aufnahme und einer höheren Knochendichte und einem verringerten Risiko für Frakturen. Es gibt Hinweise aus Studien, dass eine Kombination von Vitamin K2 und Vitamin D sich besonders günstig auf die Knochendichte von postmenopausalen Frauen auswirkt. Bei einer Supplementierung von Vitamin D kann die parallele Einnahme von Vitamin K zwar vorteilhaft sein, es gibt aber keinerlei Beweise dafür, dass Vitamin D ohne Vitamin-K2-Gefäßverkalkungen verursachen würde, wie häufig behauptet. Zur Prävention oder Behandlung der Osteoporose kann Vitamin D mit Vitamin K2 kombiniert werden, unbedingt erforderlich ist dies aber nicht.

Vitamin C ist ein wichtiges wasserlösliches Antioxidans. Es stimuliert die Bildung der Prokollagene und wird für die Verkettung der Kollagenmoleküle benötigt, was dem Bindegewebe und den Knochen ihre Stabilität und Festigkeit verleiht. Wissenschaftler aus Italien publizierten 2021 einen Übersichtsartikel über den Zusammenhang zwischen der Vitamin-C-Aufnahme und der Knochendichte. Die Auswertung von 25 Studien zeigte eindeutig, dass eine höhere Vitamin-C-Aufnahme einen günstigen Einfluss auf die Knochendichte hatte.

Vitamin B1 hat zwar keine direkte Bedeutung für den Knochenstoffwechsel, ist aber wichtig für den Energiestoffwechsel der Nervenzellen. Bei einem Vitamin-B1-Mangel steigt das Sturzrisiko bei älteren Menschen, was dann wiederum zu häufigeren Frakturen führt.

Die Vitamine B6, B12 und Folsäure sind für den Homocysteinabbau erforderlich. Erhöhte Homocysteinkonzentrationen gelten inzwischen als Risikofaktor für die Entwicklung einer Osteoporose. Homocystein wirkt hauptsächlich dadurch knochenschädigend, dass es den Aufbau der Knochenmatrix stört und die Osteoklasten aktiviert. Die Osteoblasten sind erforderlich für den Knochenaufbau, die Osteoklasten für den Knochenabbau. Folsäure hat in der Regel den größten Einfluss auf den Homocysteinabbau. Bei älteren Menschen ist aber meist Vitamin B12 der kritische Faktor. Die B12-Resorption verschlechtert sich mit zunehmendem Alter. Die Einnahme einiger Medikamente wie zum Beispiel Protonenpumpenhemmer oder Metformin stören darüber hinaus zusätzlich die Vitamin-B12-Resorption. Vitamin B6 ist essenziell für die Quervernetzung der Kollagene und damit für die Stabilität von Knochen und Bindegewebe.

 

Mineralstoffe und Spurenelemente

Alter Osteoporose 320Alle vier Mineralstoffe (Natrium, Kalium, Calcium, Magnesium) haben einen Bezug zur Knochendichte .

Die Natriumzufuhr ist in den Industrieländern deutlich höher als empfohlen. Eine hohe Zufuhr von Kochsalz verstärkt die Calciumausscheidung und begünstigt eine geringere Knochendichte. Eine Hyponatriämie, also zu geringe Natriumkonzentrationen, sind ebenfalls signifikant mit Frakturen und Osteoporose assoziiert. So jedenfalls die Aussagen einer Metaanalyse von US-Wissenschaftlern, die im April 2019 publiziert wurde.

Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Kaliumaufnahme und dem Knochenstatus. Kalium verstärkt die Calciumrückresorption in den Nieren und und spielt auch eine wichtige Rolle für die Neutralisierung der Säurelast durch die Ernährung. Basische Kaliumverbindungen wie Kaliumcitrat haben deshalb einen positiven Einfluss auf die Knochendichte. Der knochenprotektive Effekt eines reichlichen Verzehrs von Obst und Gemüse dürfte nicht unerheblich mit dem hohen Kaliumgehalt dieser Nahrungsmittel zusammenhängen.

Ca. 60 Prozent des Gesamtkörperbestandes von Magnesium befinden sich in den Knochen. Ein Magnesiummangel verhindert die Bildung von biologisch aktiven Vitamin D. In Beobachtungsstudien korrelierte die Magnesiumaufnahme signifikant mit der Knochendichte und hatte einen Schutzeffekt gegen Knochenverluste.

Calcium ist das Hauptmineral der Knochenmasse, fast 99 Prozent des Calciums sind in den Knochen in Form von Hydroxylapatit enthalten. Ohne Zweifel ist Calcium ein wichtiger Mikronährstoff zur Vorbeugung und Behandlung der Osteoporose, aber bei weitem nicht der einzige. Eine ausschließliche Calcium-Supplementierung führt zur keiner wesentlichen Erhöhung der Knochendichte und verringert auch kaum das Frakturrisiko. Wissenschaftler aus Korea haben 2021 publiziert, dass eine Calcium-Supplementierung zusammen mit Vitamin D keinen nachteiligen Effekt auf die kardiovaskuläre Gesundheit hatte.

Eine ausschließliche Calcium-Supplementierung erhöhte dagegen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einschließlich Herzinfarkt.

Reduzierte Selenkonzentrationen sind mit einem erhöhten Knochenumsatz und einer reduzierten Knochendichte assoziiert. Die Einnahme von Selen scheint das Risiko für Schenkelhalsfrakturen zu vermindern, so die Aussagen eines Übersichtsartikels italienischer Wissenschaftler, der 2021 publiziert wurde.

Kupfer ist Bestandteil des Enzyms Lysyloxidase und dadurch wichtig für die Struktur und die Elastizität von Knochen, Bändern, Knorpel und Bindegewebe. Wissenschaftler aus China untersuchten bei 8.224 Studienteilnehmern einen möglichen Zusammenhang zwischen der Kupferaufnahme und der Knochendichte. Hierzu wurden Daten von NHANES, einer großen US-amerikanischen Untersuchung zum Gesundheits- und Ernährung-Status, verwendet. Die Kupferaufnahme war positiv mit der Knochendichte und negativ mit dem Osteoporoserisiko bei erwachsenen US-Amerikanern assoziiert.

Zink ist prinzipiell wichtig für alle Wachstumsvorgänge und hat auch einen stimulierenden Effekt auf die Knochenbildung. Darüber hinaus kann Zink Knochenabbauprozesse vermindern. Japanische Wissenschaftler publizierten 2021, dass eine Zink-Supplementierung bei älteren Patienten mit Osteoporose und Zinkmangel die Knochendichte verbessern konnte.

Eisen wird benötigt für die Vernetzung und damit für die Stabilität der Kollagene. Störungen des Eisenstoffwechsels beeinträchtigen zum Beispiel die Proliferation und Differenzierung der Osteoblasten. In mehreren Studien zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der Eisenaufnahme und der Knochendichte.

Mangan
ist erforderlich für die Bildung von Knorpel- und Knochenbausteinen. Insofern ist es naheliegend, dass sich ein Manganmangel nachteilig auf die Knochendichte auswirkt. Allerdings gibt es keine Erkenntnisse, wie sich eine Supplementierung von Mangan als Einzelsubstanz auf den Knochenstoffwechsel auswirkt. Mangan wurde in Studien immer zusammen mit anderen Spurenelementen bei der Behandlung der Osteoporose eingesetzt.

 

Aminosäuren

Aminosäuren sind die Bausteine sämtlicher Proteine. Die Knochendichte ist von einer ausreichenden Zufuhr von Proteinen abhängig, die aber bevorzugt pflanzlichen Ursprung sein sollten. Eine hohe Aufnahme tierischer Proteine kann sich auch nachteilig auf die Knochengesundheit auswirken, weil ein Säureüberschuss in der Ernährung vom Stoffwechsel durch Freisetzung basischer Mineralstoffe kompensiert werden muss. Britische Wissenschaftler haben 2016 publiziert, dass sechs Aminosäuren für die Knochendichte eine zentrale Rolle spielen - nämlich Alanin, Arginin, Glutaminsäure, Leucin, Lysin und Prolin. 2019 haben Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern veröffentlicht, dass höhere Konzentrationen von Leucin, Isoleucin und Valin sowie Tryptophan die Verminderung der Knochendichte im Schenkelhalsbereich bei älteren Männern und Frauen vermindern konnten.

In einem Fachartikel von 2021 beschäftigten sich Forscher aus Australien auch mit der möglichen Bedeutung von Taurin bei der Behandlung der Osteoporose. Ein Taurinmangel stört die Calciumhomöostase und beeinträchtigt die Aufnahme der Vitamine D und K. Bei Patienten mit Osteoporose wurden auch verminderte Taurinspiegel nachgewiesen.

Andere Mikronährstoffe

Omega-3-Fettsäuren reduzieren die Bildung der Arachidonsäure, die bei erhöhten Konzentrationen zu Knochenverlusten beitragen kann. Günstige Effekte bei der Behandlung der Osteoporose zeigten in Studien auch Carnitin und Coenzym Q10.

 

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