Herzinsuffizienz und Mikronährstoffe
Die Herzinsuffizienz ist eine typische Erkrankung des höheren Lebensalters und eine der häufigsten internistischen Erkrankungen in Europa. In Deutschland werden pro Jahr etwa 400.000 Patienten wegen Herzinsuffizienz stationär behandelt. Die Prävalenz der Herzinsuffizienz steigt mit zunehmendem Lebensalter, bei den 75- bis 83-Jährigen sind etwa 22 Prozent betroffen. Von Herzinsuffizienz spricht man, wenn das Herz nicht mehr in der Lage ist, den Körper ausreichend mit Blut und Sauerstoff zu versorgen.
In 60 bis 90 Prozent der Fälle besteht die Herzinsuffizienz infolge einer arteriellen Hypertonie oder einer koronaren Herzerkrankung. Auch Herzrhythmusstörungen oder Entzündungen von Herzmuskel und Herzbeutel kommen als Ursache infrage. Die Herzinsuffizienz wird meist nach der Klassifikation der New York Heart Association (NYHA) in vier Stadien eingestuft. Bei NYHA 1 besteht noch keine Beeinträchtigung der körperlichen Aktivität, bei NYHA sind die Symptome bereits in Ruhe vorhanden.
Durch das Abnehmen des Herzzeitvolumens kommt es bei der Herzinsuffizienz zu einer unzureichenden Durchblutung der Organe. Deshalb werden vom Organismus verschiedene Anpassungsmechanismen in Gang gesetzt zum Beispiel eine Aktivierung des Sympathikus und des Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS). Bei Patienten mit Herzinsuffizienz liegt meist ein oxidativer Stress vor, dessen Ausmaß mit der Erkrankung korreliert. Außerdem besteht regelmäßig eine endotheliale Dysfunktion mit einer verminderten Verfügbarkeit des Signalgases Stickstoffmonoxid (N0). Wie die Pharmazeutische Zeitung 2019 publizierte, ist bei der Herzinsuffizienz die Funktionsfähigkeit der Mitochondrien der Herzmuskelzellen beeinträchtigt, was dann zu einem Energiemangel führt.
Mikronährstoffe können bei der Behandlung der Herzinsuffizienz einen wichtigen Beitrag leisten, sie tragen zur Verbesserung der Mitochondrienfunktion und Endothelfunktion bei und können auch den oxidativen Stress reduzieren.
Vitamine
Bei Patienten mit Herzinsuffizienz) ist häufig ein Vitamin-B1-Mangel nachweisbar, der aufgrund der biochemischen Funktion von Vitamin B1 auch die Energiebildung in den Mitochondrien beeinträchtigt. Ein Hauptgrund für den Vitamin-B1-Mangel ist sehr wahrscheinlich die Einnahme von sogenannten Schleifendiuretika, die zu einer vermehrten Ausscheidung von Vitamin B1 über den Urin führen.
Französische Wissenschaftler fanden bei Herzinsuffizienz-Patienten im Vergleich zu Kontrollpersonen deutlich erhöhte Homocystein-Konzentrationen. Die erhöhten Homocystein-Konzentrationen waren mit einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko assoziiert. Für den Homocysteinabbau sind die Vitamine B6, B12 und Folsäure erforderlich. Bei älteren Menschen ist hierbei Vitamin B12 meist der kritische Faktor, da die Vitamin-B12- Aufnahme im Alter oftmals beeinträchtigt ist.
In mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass bei Herzinsuffizienz-Patienten ein oxidativer Stress vorliegt, dessen Ausmaß mit dem Stadium der Erkrankung korreliert. Japanische Wissenschaftler publizierten 2021, dass der systemische oxidativer Stress bei Herzinsuffizienz-Patienten mit einer niedrigeren Sauerstoffaufnahme und mit einer Dysfunktion der Skelettmuskulatur assoziiert war. In einer Studie unter Federführung indischer Wissenschaftler wurde nachgewiesen, dass die Konzentrationen von Vitamin C und Vitamin E stark und invers mit der Herzinsuffizienz bei Männern und Frauen assoziiert waren.
Vitamin D hat eine wichtige Bedeutung für das Herz-Kreislauf-System. Vitamin D ist ein natürlicher Gegenspieler des Parathormons, einem wichtigen Risikofaktor für Bluthochdruck oder Herzinsuffizienz. Bei einer unzureichenden Versorgung mit Vitamin D wird von der Nebenschilddrüse vermehrt Parat- hormon ausgeschüttet. Ausreichend hohe Vitamin-D-Spiegel vermindern die Freisetzung von Faktoren der Gefäßentzündung wie TNF-alpha und Interleukin-6. In einer Studie britischer Wissenschaftler wurden durch eine Hochdosistherapie mit Vitamin D deutliche Verbesserungen verschiedener kardiologischer Parameter bei Herzinsuffizienz-Patienten erreicht.
Spurenelemente und Mineralstoffe
Wie bereits erwähnt, besteht bei der Herzinsuffizienz eine Dysfunktion der Mitochondrien und dadurch ein Energiemangel in den Herzmuskelzellen. Eisen ist nicht nur wichtig für den Sauerstofftransport und für die Sauerstoffspeicherung, sondern es hat auch eine zentrale Bedeutung im Energiestoffwechsel. Verschiedene Enzyme des Citratcyklus und einige Komponenten der Atmungskette enthalten Eisen. Es ist deshalb leicht nachvollziehbar, dass ein Eisendefizit an der Entstehung der Herzinsuffizienz beteiligt sein kann. Ein Eisenmangel tritt bei etwa 50 Prozent der Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz auf und geht mit einer ungünstigen Prognose einher. Die Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie empfehlen daher bei allen Herzinsuffizienz-Patienten ein diagnostisches Screening auf Eisenmangel. Verschiedene klinische Studien haben gezeigt, dass eine intravenöse Eisensubstitution mit Eisencarboxymaltose die Symptome einer Herzinsuffizienz deutlich bessern kann. Die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität der betroffenen Patienten kann durch die Eiseninfusionen deutlich gebessert werden.
Magnesium ist der Antistress-Mikronährstoff und spielt auch eine wichtige Rolle im Energiestoffwechsel. Eine Magnesium-Supplementierung ist bei vielen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, so auch bei der Herzinsuffizienz, sinnvoll und notwendig. Durch die Einnahme von Diuretika kommt es bei den Herzinsuffizienz -Patienten auch zu einer vermehrten Magnesiumausscheidung.
Zu den klassischen Bildern eines Selenmangels gehören auch Störungen der Herzmuskelfunktion. Selen ist ein wichtiges antioxidatives Spurenelement und spielt eine zentrale Rolle zu Begrenzung des oxidativem Stresses.
Aminosäuren
Die Aminosäure Arginin ist Ausgangssubstanz für die Bildung des Signalgases Stickstoffmonoxid (NO). NO spielt eine zentrale Rolle für die Endothelfunktion. Bei Herzinsuffizienz-Patienten wurden mehrfach eine Verminderung der NO-Verfügbarkeit sowie eine Störung der Endothelfunktion nachgewiesen. Citrullin ist eine unmittelbare biochemische Vorstufe von Arginin und kann anstelle von Arginin zur Verbesserung der NO-Bildung eingesetzt werden. Wie aus einigen Studien hervorgeht, ist eine Supplementierung von Citrullin möglicherweise sogar besser wirksam als die Einnahme von Arginin selbst hinsichtlich einer Verbesserung der Endothelfunktion.
Taurin ist eine schwefelhaltige Aminosäure mit sehr vielfältigen Eigenschaften. In Bezug auf Herzerkrankungen ist von Bedeutung, dass Taurin antiarrhythmische und herzmuskelkraftstärkende Eigenschaften besitzt. Taurin ist in Japan schon seit längerer Zeit für die Behandlung der Herzinsuffizienz als Medikament zugelassen. 2014 publizierten Forscher aus Japan, dass der günstige Effekt von Taurin darauf beruht, dass es die nachteiligen Effekte der Katecholamine und von Angiotensin 2 vermindert. Taurin kann auch dazu beitragen, den oxidativen Stress bei Herzinsuffizienz-Patienten zu vermindern.
Sonstige Mikronährstoffe
Coenzym Q10 ist essenziell für die Funktionsfähigkeit der mitochondrialen Atmungskette und damit auch für den Energiestoffwechsel und die Leistungsfähigkeit des Herzmuskels. Aus diesem Grund sollte bei allen Herzinsuffizienz-Patienten eine gute Versorgung mit Coenzym Q10 sichergestellt werden.
Carnitin ist ein wichtiges Transportmolekül zur Einschleusung langkettiger Fettsäuren in die Mitochondrien. 2017 publizierten chinesische Wissenschaftler eine Metaanalyse kontrollierter Studien zur Wirksamkeit einer Carnitin-Supplementierung bei Herzinsuffizienz-Patienten. In die Auswertung wurden 17 Studien mit 1.625 Herzinsuffizienz-Patienten einbezogen. Die Autoren der Metaanalyse kamen zu dem Schluss, dass bei Herzinsuffizienz eine Behandlung mit Carnitin die klinische Symptomatik und die Herzfunktion bei guter Verträglichkeit verbessern konnte.
Bei Herzinsuffizienz-Patienten kann auch eine Supplementierung von Omega-3-Fettsäuren von Nutzen sein. Omega 3-Fettsäuren haben verschiedene günstige Eigenschaften, die für die Vorbeugung und Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wichtig sind, zum Beispiel Blutdrucksenkung, Vorbeugung gegen Herzrhythmusstörungen, Verbesserung der Endothelfunktion, Verminderung der Thrombozytenaggregation, Entzündungshemmung etc.
Fazit
Die Herzinsuffizienz ist eine typische Alterserkrankung, deren Entstehung durch eine unzureichende Versorgung mit Mikronährstoffen gefördert wird. Durch eine gezielte Supplementierung von Mikronährstoffen kann insbesondere der Energiestoffwechsel der Herzmuskelzellen verbessert werden, wodurch sich auch die körperliche Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität der betroffenen Patienten verbessern. Mikronährstoffmängel können nur durch eine entsprechende Blutuntersuchung erkannt werden.
Referenzen:
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- Burgerstein Handbuch Nährstoffe, Trias