Im November 2020 wurden die Ergebnisse einer Umfrage des Meinungsforschungszentrums Yougov publiziert. Ein Drittel der befragten 2.148 Bürger fühlte sich seit Beginn der Pandemie deutlich häufiger gestresst. Die Umfrage fand im August 2020 statt, als die Lage im Vergleich zum November 2020 deutlich entspannter war. Insgesamt litten vier Fünftel der deutschen Bevölkerung in den vergangenen Monaten unter Stress. Hauptstressfaktor ist die Arbeit, vor allem Zeitdruck und eine große Aufgabenmenge, aber auch der fehlende Ausgleich wegen Corona-bedingt gestrichenen Urlaubs oder fehlender Freizeitaktivitäten.
Bereits im Mai 2020 verwies die UNO in einer Publikation auf den mentalen Stress, welche die Furcht vor der eigenen Ansteckung oder nahestehender Menschen auslöst. Als mentale Belastungsfaktoren der Krise wurden auch die Sorgen um den Arbeitsplatz und den Lebensunterhalt sowie die Trennung von Nahestehenden und die Ausgangssperre genannt.
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) publizierte im Juni 2020 einen Fachartikel mit dem Titel „Kann Stress Covid-19-Verläufe verschlimmern?“
Eine britische Kohortenstudie mit 535 Patienten hatte ergeben, dass das Stresshormon Cortisol eine Schlüsselrolle im Infektionsverlauf von Covid-19 spielen könnte. Die britischen Wissenschaftler konnten zeigen, dass die Cortisolkonzentrationen im Blut bei Patienten mit Covid-19 höher waren als bei Patienten ohne Coronainfektion. Die Studie gab auch Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang zwischen erhöhten Hormonkonzentrationen und Sterblichkeit. Ein Anstieg der Cortisolspiegel hat einen erheblichen Einfluss auf die Stoffwechsellage von Menschen mit Diabetes und führt möglicherweise zu einer erhöhten Infektanfälligkeit und einem schwereren Krankheitsverlauf bei Covid-19.
Hilfreiche Mikronährstoffe bei Stress
Die psychische Befindlichkeit des Menschen und die Stresstoleranz sind in erheblichem Umfang von einer guten Versorgung mit Mikronährstoffen abhängig. Mikronährstoffe können auch einen wichtigen Beitrag zur Verminderung von Stressschäden leisten. Wirkprinzipien der Mikronährstoffe sind zum Beispiel muskuläre Entspannung, Entkrampfung, Verminderung der Entzündungsaktivität, Verbesserung der antioxidativen Kapazität und Schutz des Gefäßendothels.
Dazu einige Beispiele: Die Aminosäure Arginin kann Gefäßläsionen vermindern, die aufgrund eines erhöhten Sympathikotonus entstehen. Die Aminosäure Glycin kann der Entstehung von Ängstlichkeit und Übererregbarkeit entgegenwirken. Tryptophan ist die Ausgangssubstanz für die Bildung von Serotonin, das für die Regulierung der Stimmung eine zentrale Rolle spielt. Wissenschaftler aus Südkorea haben 2009 publiziert, dass die Taurinaufnahme eine wichtige Rolle für die Reduzierung von Stresssymptomen spielte.
Magnesium ist der Antistress-Mikronährstoff und kann mit Erfolg bei Übererregbarkeit, Unruhe und Nervosität eingesetzt werden. Eine Gabe von Magnesium kann häufig in kurzer Zeit eine übermäßige mentale Erregung vermindern.
Zink ist erforderlich für die Funktionsfähigkeit verschiedener Neurotransmittersysteme. Es ist also prinzipiell wichtig für die psychische Befindlichkeit und auch für die Hirnleistungsfähigkeit. Außerdem ist Zink an der Regulierung der HPA-Achse beteiligt.
Es gibt Hinweise aus Studien, dass eine Supplementierung von Vitamin B1 zu einer Besserung der psychischen Befindlichkeit führte, auch wenn noch kein Vitamin B1-Mangel nachweisbar war. 2019 publizierten australische Wissenschaftler einen systematischen Übersichtsartikel und eine Metaanalyse über den Effekt einer Vitamin-B-Supplementierung auf depressive Symptome, Ängstlichkeit und Stress bei gesunden Personen und bei Personen mit erhöhter Stressgefährdung. Die Mehrzahl der ausgewerteten Fachartikel berichtete über einen positiven Effekt der B-Vitamine auf die allgemeine Stimmungslage. Eine Supplementierung von B-Vitaminen hatte insbesondere einen günstigen Effekt bei Stress.
Vitamin C ist an der Synthese der Katecholamine, der Steroidhormone und verschiedener Neuropeptide beteiligt. Der Vitamin-C-Bedarf ist bei vermehrter Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin sehr hoch. Eine unzureichende Vitamin-C-Versorgung führte zu einer reduzierten Stresstoleranz. Vitamin C kann in einem gewissen Umfang die Stressreaktion des Organismus ausgleichen, erkennbar an einer reduzierten Cortisolausschüttung.
In den letzten Jahren gibt es immer mehr Beweise dafür, dass Vitamin D auch eine wichtige Rolle für die Stimmung und für die mentale Gesundheit spielt. Im Gehirn gibt es zahlreiche Vitamin-D-Rezeptoren. Vitamin D ist an der Regulierung des Serotonin-Metabolismus beteiligt, ebenso an der Bildung des Nervenwachstumsfaktors sowie am Glutathionmetabolismus. Bereits 2015 publizierten Wissenschaftler aus dem Iran, dass psychischer Dysstress, zum Beispiel auch Ängstlichkeit, mit Vitamin-D-Mängeln bei Jugendlichen assoziiert war.
Im Oktober 2020 publizierten Wissenschaftler der Universität Greifswald, dass die Vitamin-D-Spiegel in der Allgemeinbevölkerung signifikant mit der psychischen Widerstandskraft zusammenhingen. Eine hohe psychische Stabilität und Widerstandskraft ist ein wichtiger Schutzfaktor gegen die Entstehung psychiatrischer Erkrankungen.
Gerade in Coronazeiten ist neben der Stärkung des Immunsystems auch eine Verbesserung der psychischen Befindlichkeit und Stresstoleranz von zentraler Bedeutung.
Referenzen:
- rnd.de: Umfrage: Menschen fühlen sich in Corona-Zeiten mehr gestresst, 18.11.2020
- Institut für Angewandte Stressforchung, Fernitz – Mellach, Österreich: Aus Corona-Anlass: Gedanken über Magnesiumgaben, mentale Beruhigung und Immunsystem; Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Jahrgang 49, Nr. 5/2020, S. 209
- diagnostisches-centrum.de: Mentaler Stress und Mikronährstoffe
- Healthcare-in-europe.com, 25.06.2020: Kann Stress COVID-19-Verläufe verschlimmern?
- Jan Terock, Anke Hannemann et al.: Vitamin D levels are associated with trait resilience but not depression in a general population sample; Brain Behav. 2020 Oct 13;e01884.
- Aerzteblatt.de, 14. Mai 2020: UNO warnt vor massiver Verbreitung von mentalen Störungen durch Coronakrise