Katarakt (grauer Star) ist eine Trübung oder Brechkraftänderung der Augenlinse. In 90 Prozent der Fälle geht der graue Star auf eine Alterung der Augenlinse zurück. Ab dem 65. Lebensjahr besteht bei fast allen Menschen eine Trübung der Augenlinse, aber nur bei ca. 50 Prozent sind Symptome bemerkbar, die auf eine Katarakt hinweisen. Global gesehen ist die Katarakt die häufigste Ursache für Erblindungen. Katarakt kann auch bei jüngeren Patienten auftreten, z.B. im Rahmen von Allgemeinerkrankungen wie Diabetes mellitus oder bei primären Augenerkrankungen.
Die Augenlinse hat einen hohen Proteinanteil, diese Proteine unterliegen biochemischen und funktionellen Veränderungen. Mit zunehmendem Alter der Augenlinse kommt es zu einer Schädigung der Proteine durch Photooxidation, zu einer Vernetzung und Aggregation und zu anderen Veränderungen, die letztlich zu einer Trübung der Augenlinse führen. Zu den Risikofaktoren für die Entstehung einer Katarakt gehört also eine Lichtbelastung, insbesondere UV-Belastung der Augen. Eine wichtige Rolle für die Entstehung des grauen Stars spielen freie Radikale in Kombination mit einer verminderten antioxidativen Kapazität. Prinzipiell ist deshalb für die Prävention dieser Augenerkrankung eine gute Versorgung mit Antioxidantien von großer Bedeutung. Neben einer Proteinverklumpung und oxidativen Veränderungen können auch osmotische Prozesse zu einer veränderten Lichtbrechung und Trübung der Linse führen. Bei der Zuckerkrankheit ist der Zuckergehalt im Augenwasser erhöht, überschüssige Glucose lagert sich in der Linse ein, wodurch es zu einer Linsenquellung kommen kann.
In zahlreichen epidemiologischen Studien zeigten sich Zusammenhänge zwischen Ernährungsfaktoren und Katarakt. Eine ungünstige Auswirkung hat eine hohe Aufnahme einfacher Kohlenhydrate. Darüber hinaus spielt die Mikronährstoffversorgung eine wichtige Rolle.
Vitamin C
Die Vitamin-C-Konzentration in der Augenlinse ist etwa 50 mal höher als im Plasma. Es kommt altersabhängig zu einer Verminderung der Vitamin-C-Konzentration in der Linse, die mit einer Beeinträchtigung der Linsenfunktion einhergeht. In zahlreichen Studien wurde untersucht, inwieweit Vitamin C das Kataraktrisiko beeinflusst. In einer vor Kurzem veröffentlichten Metaanalyse erforschten chinesische Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen der Vitamin-C-Aufnahme und der Vitamin-C-Plasmakonzentration und dem Auftreten von Katarakt. Die Vitamin-C-Serumkonzentration zeigte einen signifikanten Zusammenhang mit dem Kataraktrisiko. Die Vitamin-C-Aufnahme war in Amerika und Asien signifikant mit dem Risiko für grauen Star assoziiert.
Vitamin E
In einer spanischen Studie war eine täglich hohe Zufuhr von Obst und Gemüse sowie von Vitamin C und E mit einer signifikant niedrigeren Kataraktprävalenz assoziiert. Im Januar 2015 publizierten chinesische Wissenschaftler eine Metaanalyse über den Zusammenhang zwischen Vitamin E und altersbedingter Katarakt. Sie konnten nachweisen, dass zwischen der täglichen Vitamin-E-Aufnahme und dem Kataraktrisiko ein signifikanter dosisabhängiger Zusammenhang bestand. Sowohl eine höhere Vitamin-E-Aufnahme wie auch eine höhere Vitamin-E-Konzentration im Serum waren mit einem reduzierten Kataraktrisiko assoziiert. In verschiedenen anderen Studien gab es keinen Zusammenhang zwischen Vitamin E und Katarakt. Dem Vitamin E dürfte eine geringere Bedeutung zur Kataraktprävention zukommen als dem Vitamin C.
Vitamin B2
Ein Vitamin-B2-Mangel ist, aufgrund seiner Fähigkeit, das Gewebe vor oxidativen Schäden zu schützen, an der Bildung einer Katarakt beteiligt. Das Enzym Glutathion-Reduktase ist Riboflavin-abhängig und in den Augenlinsen von Kataraktpatienten vermindert. Ein hoher Prozentsatz der Kataraktpatienten wies in Studien einen Vitamin-B2-Mangel auf. In diesem Zusammenhang ist auch eine Studie von Wissenschaftlern aus den USA, aus China und Italien interessant, die in Kataraktlinsen verschiedene Thiolverbindungen untersuchten, z.B. Glutathion, Glutathionreduktiase und Thioredoxinreduktase. Die Kataraktlinsen zeigten im Vergleich zu Kontrollen einen Glutathionverlust von mehr als 80 Prozent sowie eine um 70 Prozent verminderte Glutathionreduktiase-Aktivität. Insgesamt konnte bei allen Katarakttypen eine Schädigung des Thiolreparatursystems nachgewiesen werden.
Oxidativer Stress
Wissenschaftler aus Serbien untersuchten verschiedene Parameter des oxidativen Stresses bei Patienten mit altersbedingter Katarakt und bei gesunden Kontrollpersonen. Die Kataraktpatienten hatten im Vergleich zu den Kontrollpersonen niedrigere Konzentrationen der Gesamtthiole und höhere Konzentrationen von Malondialdehyd.
Wissenschaftler aus Rumänien konnten bei Kataraktpatienten einen erhöhten oxidativen Stress im Plasma nachweisen. Sowohl Malondialdehyd sowie die Plasmaproteincarbonyle waren höher als bei einer Kontrollgruppe.
Forscher aus Indien untersuchten die Augenlinsen und die Seren von 120 Studienteilnehmern, darunter 90 Patienten und 30 Kontrollpersonen. Es wurden verschiedene Parameter des oxidativen Stresses bestimmt. Bei den Kataraktpatienten waren die totale antioxidatie Kapazität und Vitamin E signifikant niedriger, sowohl in den Linsen wie auch im Blut.
Homocystein und Vitamin B6, B12 und Folsäure
Indische Wissenschaftler konnten erhöhte Homocysteinkonzentrationen als Risikofaktor für die altersbedingte Katarakt nachweisen. In diesem Zusammenhang fanden sie auch verminderte Plasmaspiegel von Folsäure und Vitamin B12.
Forscher aus Taiwan konnten nachweisen, dass ein Folsäuremangel bei älteren Männern mit Katarakt assoziiert war. Katarakt war auch mit Diabetes mellitus und mit antihypertensiver Medikation verbunden.
In der Blue Mountains Eye Study wurde untersucht, inwieweit die Serumspiegel von Homocystein, Vitamin B12 und Folsäure das Auftreten der hinteren subcapsuläre Katarakt beeinflussen. Bei höheren Serum-Homocysteinspiegeln trat Katarakt vermehrt auf, wobei der Vitamin-B12-Spiegel diesen Zusammenhang modulierte.
Zink
Pakistanische Wissenschaftler publizierten 2011, dass sie einen Zusammenhang zwischen einem Zinkmangel und einem vermehrten Auftreten von Katarakt bei älteren Diabetikern gefunden hatten.
Protein und Taurin
In einer französischen Untersuchung konnte nachwiesen werden, dass eine Proteinmangelernährung das Kataraktrisiko erhöht. Mögliche Gründe sind: Eine niedrige Proteinaufnahme dürfte einen Mangel an bestimmten Aminosäuren hervorrufen, die für die Gesundheit der Augenlinse benötigt werden. Auch eine zu niedrige Zufuhr von Niacin, Thiamin und Riboflavin könnte das Kataraktrisiko erhöhen.
Forscher aus Indien bestimmten Taurin und das Gesamteiweiß in Augenlinsen. Die Konzentration von Taurin und Gesamtprotein verminderte sich mit den verschiedenen Stadien der Kataraktreifung. Bei der Entwicklung der senilen Katarakt spielen Veränderungen der Strukturintegrität und der Permeabilität der Linsenmembrane für Proteine und Aminosäuren eine wichtige Rolle.
Fazit:
Auch für die Augengesundheit ist eine gute Versorgung mit Mikronährstoffen unerlässlich. Deshalb sollten zunächst oben erwähnte Mikronährstoffe bestimmt werden als Grundlage für eine individuelle Mikronährstofftherapie zur Prävention der Katarakt.
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