Eisenmangel bei Übergewicht und warum erhöhte Ferritinkonzentrationen einen Eisenmangel nicht ausschließen

 

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Von Übergewicht, Adipositas und Eisenmangel sind weltweit sehr viele Menschen betroffen. 2014 gab es laut Aussage einer internationalen Studie weltweit 641 Mio. Menschen, die stark übergewichtig waren, d.h. einen BMI größer 30 aufwiesen. Das sind mehr als sechs Mal so viel wie noch Mitte der siebziger Jahre. Erstmals leben auf der Erde mehr adipöse Menschen als untergewichtige. Eisenmangel ist weltweit der am häufigsten zu beobachtete Nährstoffmangel, wobei in Entwicklungsländern mehr als ein Drittel der Bevölkerung Eisenmangelsymptome aufweisen. Nach Schätzungen der WHO leiden etwa 600 bis 700 Mio. Menschen an eine Eisenmangelanämie.


Interessant ist jetzt natürlich die Frage, ob Eisenmangel und Adipositas irgendetwas miteinander zu tun haben. Tatsächlich haben zahlreiche Studien gezeigt, dass bei Erwachsenen mit zunehmendem Body-Mass-Index niedrigere Eisenkonzentrationen gemessen wurden. Auch die Transferrinsättigung verminderte sich bei zunehmendem BMI. Ähnliches gilt für Heranwachsende. Mehrere Studien bewiesen, dass das Risiko für einen Eisenmangel bei übergewichtigen Heranwachsenden doppelt so hoch war als bei Normalgewichtigen. Ein zentraler Befund bei übergewichtigen Personen ist die verminderte Fähigkeit des Zwölffingerdarms Eisen zu absorbieren. Das Hormon Hepcidin ist ein Hauptregulator des Eisenstoffwechsels. Seine Rolle wurde auch in Zusammenhang mit Übergewicht untersucht. Bei Übergewichtigen wird häufig eine Erhöhung der Hepcidinkonzentration beobachtet, was zu einer verminderten Eisenabsorption im Darm führt.

Eine Hochregulierung der Hepcidin-Expression bei Übergewicht dürfte auf die erhöhte Entzündungsaktivität bei Übergewicht/ Adipositas zurückzuführen sein. Bei übergewichtigen Menschen ist eine orale Eisentherapie häufig nicht erfolgversprechend, da die erhöhten Hepcidinwerte die Eisenabsorption einschränken.

In den letzten Jahren liest man vermehrt über das "dysmetabolic iron overload syndrome (DIOS)". Hierbei handelt es sich um eine Erhöhung der Ferritinkonzentration bei normaler oder allenfalls leicht erhöhter Transferrinsättigung. Dieses Phänomen wird bei ungefähr einem Drittel der Patienten mit metabolischem Syndrom oder nichtalkoholischer Fettlebererkrankung beobachtet. Es ist also eine sehr häufige Konstellation und die häufigste Differenzialdiagnose für erhöhte Ferritinkonzentrationen. 2009 haben Wissenschaftler aus Frankreich publiziert, dass bei übergewichtigen Personen mit normalen Eisenspeichern die Eisenabsorption durch eine Hepcidinhochregulierung vermindert ist. Bei Patienten mit DIOS war dieser Effekt noch ausgeprägter. Im März 2016 veröffentlichten Wissenschaftler aus Italien die Ergebnisse eines Eisenbelastungstests bei 18 Patienten mit DIOS, 18 Patienten mit Fettlebererkrankung, 23 gesunden Personen und 10 Patienten mit Hämochromatose. Sie konnten nachweisen, dass bei den DIOS-Patienten möglicherweise eine Hepcidinresistenz vorliegen könnte. In dieser Patientengruppe konnte Hepcidin die Eisenabsorption nach einem Eisenprovokationsversuch nicht mehr kontrollieren.

Kommentar:
Bei der Bewertung von Laborparametern des Eisenstoffwechsels findet sich sehr häufig die Konstellation relativ hohes Ferritin bei normaler oder leicht verminderter Transferrinsättigung, ohne dass eine erhöhte Entzündungsaktivität messbar wäre. Die Beschreibung der Eisenhomöostase bei adipösen Menschen und die Erkenntnisse zum "dysmetabolic iron overload syndrome" bieten nun eine sinnvolle und nachvollziehbare Erklärung für die beobachteten Veränderungen der Laborparameter. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang vor allem auch, dass übergewichtige Menschen als Risikogruppe für einen Eisenmangel anzusehen sind, was in der Praxis deutlich mehr Beachtung finden sollte.

Referenz:

  • Aigner E, Feldman A et al.: Obesity as an emerging risk factor for iron deficiency; Nutrients. 2014 Sep 11;6(9):3587-600.
  • Ruivard M, Lainé F, Ganz T et al.: Iron absorption in dysmetabolic iron overload syndrome is decreased and correlates with increased plasma hepcidin; J Hepatol. 2009 Jun;50(6):1219-25
  • Chen LY1, Chang SD et al.: Dysmetabolic hyperferritinemia is associated with normal transferrin saturation, mild hepatic iron overload, and elevated hepcidin; Ann Hematol. 2011 Feb;90(2):139-43.
  • Rametta R, Dongiovanni P et al.: Hepcidin resistance in dysmetabolic iron overload; Liver Int. 2016 Mar 21. doi: 10.1111/liv.13124.

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