Mikronährstoffgehalt in Lebensmitteln

Gemse Marcel Klinger pixelio

In Deutschland gibt es eine riesige Auswahl an Lebensmitteln, so dass nach der Überzeugung vieler Menschen eine Überprüfung der Mikronährstoffversorgung unnötig sei, da gar keine Mikronährstoffmängel zu erwarten seien. Werden dann doch irgendwann Mikronährstoffe bestimmt und Defizite nachgewiesen, möchte man diese gerne durch den Mehrverzehr bestimmter Nahrungsmittel ausgleichen. Orientierungshilfe hierbei sind meist Angaben in Nährwerttabellen. Dabei sollte man aber wissen, dass für die Mikronährstoffversorgung nicht nur der absolute Gehalt von Mikronährstoffen in einem Nahrungsmittel, sondern in erster Linie dessen Verfügbarkeit für den Organismus entscheidend ist.

Vitamine müssen häufig erst energieaufwendig aus chemischen Bindungen freigesetzt werden. Es gibt zahlreiche absorptionshemmende Nahrungsfaktoren. Entscheidend sind auch das Lebensalter und der gesundheitliche Zustand des Menschen. Mit zunehmendem Alter kommt es z.B. zu einer Beeinträchtigung der Verdauungsleistung, wodurch die Aufnahme einiger Mikronährstoffe vermindert wird.

Bei der Zubereitung von Mahlzeiten kommt es häufig zu erheblichen Zubereitungsverlusten, da z.B. die meisten Vitamine labile Verbindungen sind, die empfindlich auf Hitze, Sauerstoff, Licht und PH-Veränderungen reagieren. Der Mikronährstoffgehalt von Pflanzen ist auch in erheblichem Umfang abhängig von der Pflanzenart, der Vegetationsperiode, der Lagerungsdauer und vor allen Dingen von den Anbaubedingungen.

Von Interesse ist natürlich die Frage, wie die Entwicklung der Mikronährstoffgehalte in Nahrungspflanzen ist. Diesbezüglich gibt es nicht sehr viele Studien. Eine Untersuchung ist besonders interessant. 1843 haben Wissenschaftler der Rothamsted Forschungsstation in England damit begonnen, ein langlaufendes Experiment durchzuführen, nämlich das  "Broadbalk winter wheat experiment ".

Über viele Generationen wurden Weizenproben und auch Bodenproben gesammelt. Bis Mitte der sechziger Jahre waren die Konzentrationen von Zink, Magnesium, Eisen und Kupfer stabil. Nach diesem Zeitpunkt verringerte sich die Konzentration dieser Mineralstoffe erheblich in Folge der Einführung von Halb-Zwerg-Weizen und anderer ertragreicher Sorten.

2009 wurde ein Fachartikel von der Universität von Texas publiziert, indem es um die Frage ging, inwieweit es Beweise für rückläufige Nährstoffkonzentrationen in Obst und Gemüse gibt. Es gibt verschiedene Arten von Beweisen, die ein Rückgang einiger Nährstoffe in Obst- und Gemüsesorten belegen: Es zeigte sich ein inverser Zusammenhang zwischen dem Ertrag und der Mineralienkonzentration - ein so genannter Verdünnungseffekt. Durch Düngung kommt es zu einer starken Zunahme der Trockenmasse der Pflanze, wodurch die Mineralstoffkonzentration sozusagen verdünnt wird. Der Anbau von Niedrig- und Hochertragssorten von Brokkolie und Getreide zeigte konsistent eine negative Korrelation zwischen dem Ertrag und der Konzentration von Mineralstoffen und Protein. Entsprechende Untersuchungen wurden hauptsächlich in den USA und in England durchgeführt.

Eine Studie an Nahrungsmitteln, die in Finnland gewachsen waren (17 Gemüsesorten, 6 Beerensorten, 4 Getreidesorten und Äpfel), zeigte im Jahr 2000 im Vergleich zu Mitte der siebziger Jahre einen signifikanten Abfall der Mikronährstoffe Kalium, Mangan, Zink und Kupfer. In Folge der Selendüngung der finnischen Böden war der Selengehalt in den Pflanzen höher als früher.

Aufgrund des Klimawandels dürfte es zu einem weiteren Rückgang der Spurenelementkonzentrationen im Getreide kommen. 2014 berichtete ein internationales Forscherteam in der Zeitschrift "Nature", dass hohe CO2-Konzentrationen bei Getreide und Hülsenfrüchten den Gehalt an Eisen und Zink senken. In einem Versuchsanbau bei CO2-Konzentrationen von ca. 550 ppm, wie sie für Mitte dieses Jahrhunderts vorhergesagt sind, sank der Zinkgehalt in Weizenkörnern um 9,3 Prozent und der Eisengehalt um 5,1 Prozent. Auch der Proteingehalt schrumpfte bei Weizen und Reis.

In einem Fachartikel der FAO zum Thema "verborgener Hunger" wird eine Zahl von 2 Mrd. Menschen weltweit genannt, die an Mikronährstoffdefiziten leiden.

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