Schlafstörungen: Welche Mikronährstoffe können hilfreich sein?

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Man kann davon ausgehen, dass etwa 20 bis 30 Prozent aller Menschen in den westlichen Industrieländern an Schlafstörungen leiden. Schlafstörungen sind also weit verbreitet, wobei schwere Schlafstörungen bei Frauen häufiger vorkommen als bei Männern.

Zu den Schlafstörungen (Insomnien) gehören Einschlaf- und Durchschlafstörungen sowie ein vorzeitiges morgendliches Erwachen. Ein als nicht erholsam empfundener Schlaf ist oft mit einer Beeinträchtigung der psychischen Befindlichkeit und der Leistungsfähigkeit am Tage verbunden. Die Ursachen von Schlafstörungen sind vielfältig; sehr häufig ist Stress, vor allem aufgrund psychosozialer und beruflicher Faktoren, ein wichtiger Auslöser. Weitere Ursachen von Schlafstörungen sind z. B. Schmerzen, Fieber, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schichtarbeit, Jetlag, die Einnahme von Genussmitteln und Medikamenten.

Bei einem normalen Nachtschlaf werden fünf nacheinander folgende Schlafphasen durchlaufen: die Schlafstadien eins, zwei, drei und vier und der REM-Schlaf. Ein kompletter Schlafzyklus dauert durchschnittlich 90 bis 120 Minuten. Nach der REM-Phase kommt dann wieder das Schlafstadium eins. Die elektrische Gehirnaktivität ist in jedem Stadium unterschiedlich. 50 Prozent der gesamten Schlafzeit entfallen auf das Schlafstadium zwei und zwanzig Prozent auf den REM-Schlaf. Das Schlafstadium eins ist der Leichtschlaf, aus dem man leicht geweckt werden kann. Die Stadien drei und vier werden als Tiefschlaf bezeichnet. Das Schlafmuster verändert sich mit dem Alter. Es kommt vor allem auch zu häufigerem Erwachen, außerdem zu qualitativen Veränderungen des Schlafs in Form einer Verminderung der Schlafstadien mit langsamen Wellen im EEG. Diese qualitativen Veränderungen können dann ihrerseits mit einer verringerten Erinnerungsfähigkeit verbunden sein.

Nach ICD-10 werden Schlafstörungen, je nach angenommener Ursache, als nichtorganische Schlafstörungen oder organische Schlafstörungen klassifiziert. Fast jede psychiatrische Erkrankung kann mit Schlafstörungen einhergehen. Bei Depressionen sind Schlafstörungen häufig sogar die dominierende Symptomatik, so dass möglicherweise die affektive Störung gar nicht oder nicht ausreichend erkannt wird.

Wie bereits oben erwähnt, können Schlafstörungen ganz verschiedene Ursachen haben. Dazu gehören z. B. auch üppige Abendmahlzeiten sowie eine erhöhte Aufnahme kalorienreicher Fertignahrungsmittel.

Im Folgenden werden verschiedene Mikronährstoffe vorgestellt, für die ein Bezug zu Schlafstörungen nachgewiesen wurde. Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) zählt zu den schlafbezogenen Bewegungsstörungen und führt meist zu erheblichen Schlafstörungen. Auch bei RLS können Mikronährstoffdefizite vorliegen, die ebenfalls im Folgenden behandelt werden.

 

Aminosäuren

Japanische Wissenschaftler untersuchten in drei kleineren Studien den Effekt einer Glycinsupplementierung auf die Schlafqualität. Glycin ist ein inhibitorischer Neurotransmitter im zentralen Nervensystem an Glycinrezeptoren. Glycin ist aber auch ein Coagonist an NMDA-Rezeptoren. In der ersten Studie der japanischen Forscher erhielten 19 weibliche Versuchspersonen mit schlechter Schlafqualität 3 g Glycin oder ein Placebopräparat vor dem Zubettgehen. Durch die Glycingabe konnte die Schlafqualität verbessert werden. In der zweiten Studie zeigte sich durch eine Glycintherapie auch eine Stabilisierung des Schlafstatus in der Polysomnographie (PSG). Subjektiv berichteten die Studienteilnehmer über eine bessere Schlafqualität, außerdem fühlten sie sich morgens wesentlich frischer. In einer weiteren Studie konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass eine Glycingabe tagsüber keine Schläfrigkeit induzierte und auch sonst keine nachteiligen Effekte zeigte. Vielmehr führte eine Glycinsupplementierung, morgens nach dem Erwachen, bei Versuchspersonen mit Schlafmangel zu einer besseren Tagesbefindlichkeit und zu verbesserten Reaktionszeiten im psychomotorischen Vigilanztest.

Tryptophan ist die Ausgangsubstanz für die Bildung von Serotonin und Melatonin. Tryptophan ist in Deutschland als rezeptfreies Arzneimittel zur Behandlung von Schlafstörungen zugelassen. Die schlafanstoßende Wirkung von Tryptophan ist dadurch zu erklären, dass Tryptophan im Gehirn via Serotonin zu Melatonin verstoffwechselt wird. Tryptophan wirkt nur dann schlaffördernd, wenn es in der zweiten Tageshälfte gegeben wird und wenn der Körper sich in einem Ruhezustand befindet. Körperliche Aktivität nach einer Tryptophaneinnahme verhindert die schlaffördernde Wirkung komplett.

2016 publizierten US-Wissenschaftler die Ergebnisse einer Untersuchung, die sich mit dem Zusammenhang der Tryptophanaufnahme und verschiedenen gesundheitsbezogenen Markern beschäftigte. Dazu wurden Daten von NHANES 2001-2012 verwendet. Die Tryptophanaufnahme in der US-amerikanischen Bevölkerung war invers mit einer Depressionsneigung und positiv mit der Schlafdauer assoziiert.

Bei 509 holländischen Universitätsstudenten wurde ein möglicher Zusammenhang zwischen der täglichen Aufnahme von Tryptophan und Niacin und der Schlafqualität untersucht. Bei Männern korrelierten Schlafstörungen signifikant mit der Aufnahme von Tryptophan oder Niacin. Auch die Schlafqualität korrelierte signifikant mit der Tryptophan- und Niacinaufnahme. Bei den weiblichen Studienteilnehmern waren diese Korrelationen hingegen nicht signifikant.

2014 publizierten japanische Wissenschaftler einen Fachartikel über den Einfluss von Ornithin auf die Schlafqualität und Stressmarker von gesunden Arbeitern. 52 gesunde Erwachsene erhielten entweder 400 mg Ornithin pro Tag oder ein Placebopräparat. In der Ornithingruppe waren die Cortisolspiegel und das Cortisol/DHEA-S-Verhältnis signifikant vermindert. Durch die Ornithinsupplementierung kam es auch zu einer Verbesserung der Schlafqualität bei den Studienteilnehmern. Die Autoren der Studie kamen zu dem Schluss, dass eine Ornithinsupplementierung das Potenzial zur Verminderung von Stresssymptomen hat und die Schlafqualität verbessern kann, sowohl objektiv wie auch subjektiv.

 

Vitamine

Vitamin D hat zahlreiche Funktionen im Stoffwechsel inne und hat in erheblichem Umfang Einfluss auf die psychische Befindlichkeit und auf die Hirnleistungsfähigkeit. Wissenschaftler aus China publizierten 2017, dass bei 181 Patienten mit chronischen Schlafstörungen im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen signifikant niedrigere 25-OH-D-Konzentrationen gemessen wurden. Wenn die 25-OH-D-Konzentration kleiner als 20 ng/ml war, bestand auch eine höhere Wahrscheinlichkeit für ein nicht Ansprechen der Pharmakotherapie mit Schlafmitteln.

Wissenschaftler aus der Türkei publizierten 2012, dass die Vitamin-D-Spiegel bei Patientinnen mit RLS niedriger waren als bei Kontrollpersonen. Die türkischen Forscher fanden einen signifikanten inversen Zusammenhang zwischen den Vitamin-D-Spiegeln und dem Schweregrad der Erkrankung bei den Frauen. Die Autoren der Studien vermuten, dass niedrige Vitamin-D-Konzentrationen eine Dysfunktion des dopaminergen Systems auslösen könnten.

2015 veröffentlichten Forscher aus Saudi-Arabien, dass eine Vitamin-D-Supplementierung den Schweregrad von RLS verbessern konnte. Es ist also denkbar, dass ein Vitamin-D-Defizit mit RLS zusammenhängt.

Schlafstörungen können auch durch Schmerzen des Bewegungsapparates hervorgerufen werden. In diesem Zusammenhang spielt eine Vitamin-D-Supplementierung eine wichtige Rolle, da Schmerzen des Bewegungsapparates häufig auf eine Vitamin-D-Supplementierung ansprechen.

Vitamin B6 spielt eine wichtige Rolle im Neurotransmittermetabolismus und ist z. B. auch für die Melatoninsynthese aus Tryptophan erforderlich. In mehreren Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Einnahme von Vitamin B6 offensichtlich die Intensität von Träumen erhöhte. Inwieweit Vitamin B6 bei Schlafstörungen von Nutzen ist, ist nicht eindeutig zu sagen, da manchmal die Einnahme von B-Vitaminen subjektiv mit einer schlechteren Schlafqualität verbunden ist.

US-Wissenschaftler publizierten 2014 eine Studie, in der anhand von N-HANES-Daten die Bedeutung verschiedener Vitamine für die Schlafqualität ermittelt wurde. Zentrale Erkenntnisse waren, dass die Vitamin-B12-Konzentration im Serum invers mit der Schlafdauer korrelierte.

Außerdem zeigte sich ein inverser Zusammenhang zwischen der Folsäurekonzentration und Schlafstörungen. 2015 publizierten Forscher aus Finnland und China, dass bei übergewichtigen Männern mittleren Alters die Folsäureaufnahme bei den Personen mit Schlafstörungen niedriger war als bei den Personen ohne Schlafstörungen. Die Folsäurekonzentration war in einigen Studien auch mit dem RLS assoziiert. Es ist bekannt, dass in der Schwangerschaft häufig vermehrt Symptome von RLS auftreten, was durch eine höhere Folsäurezufuhr vermindert werden kann. Auch bei nicht schwangeren Frauen begünstigen niedrige Folsäurespiegel das Auftreten von RLS.

Vitamin B12 hat einen Effekt auf biologische Rhythmen und kann einen unregelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus günstig beeinflussen. Außerdem gibt es Hinweise, dass Vitamin B12 die Melatoninsekretion des Menschen beeinflusst. Bei einem Vitamin-B12-Mangel kommt es durch Lichtexposition um Mitternacht zu einem stärkeren Abfall der Melatoninsekretion als bei normalen Vitamin-B12-Konzentrationen.

In einer Studie koreanischer Wissenschaftler, die 2017 publiziert wurde, konnte nachgewiesen werden, dass die Aufnahme antioxidativer Vitamine das Risiko für Übergewicht bei Männern mit kurzer Schlafdauer beeinflusste. Kurzschläfer mit einer niedrigen Aufnahme von antioxidativen Vitaminen hatten ein höheres Risiko für Übergewicht als diejenigen mit einer hohen Antioxidantienaufnahme.

 

Spurenelemente

Zink ist ein Spurenelement mit sehr vielfältigen Eigenschaften und spielt auch eine wichtige Rolle im Neurotransmittermetabolismus. Wissenschaftler aus dem Iran haben 2018 publiziert, dass eine Zinksupplementierung bei Krankenschwestern einen günstigen Effekt auf die Schlafqualität hatte. Dies wurde in einer doppelblinden randomisierten Studie festgestellt. Dabei erhielten 54 Intensivschwestern alle 72 Stunden über einen Zeitraum von einem Monat entweder 220 mg Zinksulfat oder ein entsprechendes Placebopräparat.

Beim RLS dürfte eine Störung des Eisenstoffwechsels eine wichtige pathogenetische Rolle spielen. Bekanntlich hat Eisen eine zentrale Bedeutung für die Dopaminsynthese. Eine Störung des dopaminergen Systems dürfte im Wesentlichen für die Entstehung von RLS verantwortlich sein. Bei Patienten mit einer Ferritinkonzentration kleiner als 50 µg/ l trat vermehrt eine schwere RLS-Symptomatik auf. Ferritin ist ein Eisenspeicherprotein, das am besten die Eisenversorgung des Organismus widerspiegelt. In nahezu allen Studien wird inzwischen ein Eisenmangel als Ferritin kleiner 100 µg/l definiert.

Wissenschaftler aus Schweden berichteten 2016 über die Behandlung von drei RLS-Patienten mit Selen. Durch die Einnahme von Selen kam es bei den drei Patienten zu einer Verminderung der RLS-Symptomatik.

Möglicherweise kann Selen auch das dopaminerge System beeinflussen, außerdem ist Selen ein wichtiges Antioxidans, und es ist bekannt, dass RLS-Patienten unter oxidativem Stress stehen.

Es gibt auch Zusammenhänge zwischen der Kupferkonzentration und der Schlafdauer. Finnische Wissenschaftler konnten nachweisen, dass Personen mit einem Schlaf weniger als sechs Stunden oder mehr als zehn Stunden pro Nacht häufiger an einer Low-grade-Inflammation litten als Personen mit normaler Schlafdauer.

Außerdem fanden Sie einen Zusammenhang zwischen höheren Kupferkonzentrationen im Serum und einer langen Schlafdauer. Höhere Serum-Kupferkonzentrationen sind mit prooxidativem Stress assoziiert.

 

Magnesium

Magnesium ist der Antistress-Mikronährstoff. Magnesium hat verschiedene biochemische und physiologische Effekte im ZNS. Von zentraler Bedeutung ist hierbei die Reduktion der Aktivität von NMDA-Rezeptoren durch Magnesium, wodurch die Nervenerregbarkeit reduziert wird. Bei Stress ist der Magnesiumbedarf erhöht, bedingt durch die Freisetzung von Katecholaminen.

2016 wurde eine Studie deutscher Wissenschaftler publiziert, in der untersucht wurde, inwieweit eine Supplementierung von 400 mg Magnesium die HRV-Messung beeinflusste. Durch die Gabe von Magnesium zeigte sich eine Aktivierung des Parasympathikus. Personen mit mentalem und körperlichem Stress können also von einer Magnesiumsupplementierung profitieren, die dann auch Schlafstörungen positiv beeinflussen kann.

Forscher aus dem Iran konnten nachweisen, dass eine Magnesiumsupplementierung bei älteren Menschen die Schafqualitität verbesserte und auch zu einer Verminderung der Cortisolkonzentration im Serum führte.

 

Referenz:

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