Von Herzinsuffizienz spricht man, wenn das Herz nicht mehr in der Lage ist, den Körper ausreichend mit Blut und Sauerstoff zu versorgen. Dabei kann entweder eine krankhaft veränderte Pumpfunktion oder eine gestörte Füllung des Herzens zugrunde liegen.
Die Herzinsuffizienz ist eine der häufigsten internistischen Erkrankungen. In Europa sind mehr als 10 Mio. Menschen davon betroffen. In Deutschland ist die Herzin-suffizienz der häufigste Grund für eine Krankenhausaufnahme und einer der häufigsten Anlässe für den Besuch einer allgemeinmedizinischen Praxis. In 60 bis 90 Prozent der Fälle besteht die Herzinsuffizienz in Folge einer arteriellen Hypertonie oder einer koronaren Herzerkrankung. Weitere mögliche Ursachen sind Kardiomyopathien, Myocarditis, Perikarditis und viele mehr. Die Herzinsuffizienz wird meist nach der Klassifikation der New York Heart Association (NYHA) in vier Stadien eingestuft: Bei NYHA 1 ist der Herzmuskel zwar angegriffen, es bestehen aber noch keine Beschwerden und keine Behinderung der körperlichen Aktivität. Bei NYHA 4 sind die Symptome bereits in Ruhe vorhanden.
Durch das Abnehmen des Herzzeitvolumens kommt es bei der Herzinsuffizienz zu einer unzureichenden Durchblutung der Organe. Kompensatorisch werden deshalb zur Aufrechterhaltung des erforderlichen Herzminutenvolumens verschiedene Anpassungsmechanismen in Gang gesetzt. Zu den Kompensationsmechanismen gehören eine Aktivierung des Sympathikus und eine vermehrte Ausschüttung von Katecholaminen. Außerdem wird das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) aktiviert, das zu einer Gefäßverengung sowie zu einer Retention von Wasser und Natrium führt. Die wichtigsten Gegenspieler von RAAS sind die natriuretischen Peptide, deren Blutkonzentration mit der Schwere der Herzinsuffizienz korreliert.
Bei Patienten mit Herzinsuffizienz bestehen häufig auch Mikronährstoffmängel. Die Bedeutung der wichtigsten Mikronährstoffe in der Prävention und Behandlung der Herzinsuffizienz wird im Folgenden erläutert:
Mineralstoffe und Spurenelemente bei der Herzinsuffizienz
Eisen ist ein Spurenelement mit sehr vielfältigen Funktionen im Stoffwechsel. Eisen ist nicht nur wichtig für den Sauerstofftransport und für die Sauerstoffspeicherung, sondern auch für die Bildung von Neurotransmittern, für die Entgiftungskapazität der Leber, die Carnitinsynthese, die Kollagensynthese, die DNA-Synthese, die Schilddrüsenfunktion und vieles mehr.
Ein Eisenmangel ist ein sehr häufiger Nährstoffmangel. Der Nachweis einer Eisenmangelanämie ist beweisend für einen Eisenmangel. Sehr oft besteht aber auch ein Eisenmangel, wenn die Blutwerte normal sind.
Viele Patienten mit Herzinsuffizienz leiden unter einem Eisenmangel, wodurch maßgeblich die körperliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird. Auch die Prognose der Herzinsuffizienz ist dadurch schlechter.
Eisen ist von zentraler Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Mitochondrien und damit für die Energiebereitstellung in der Zelle. Forschungen der Medizinischen Hochschule Hannover konnten in Gewebeproben nachweisen, dass bei Erkrankungen des Herzmuskels ein Eisenmangel in den Herzmuskelzellen vorliegt.
Wissenschaftler aus Tschechien publizierten, dass der Eisengehalt des Myokards bei Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen deutlich vermindert war. Bei Eisenmangel konnte auch eine Reduzierung der Aktivität des Citratzyklus festgestellt werden.
Durch Eiseninfusionen kann bei Patienten mit Herzinsuffizienz meist eine deutliche Besserung der körperlichen Leistungsfähigkeit erreicht werden. Eisentabletten sind weit weniger wirksam, da durch die erhöhte Entzündungsaktivität bei einer Herzinsuffizienz die Eisenaufnahme im Darm beeinträchtigt ist.
In der neuen Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie wird bereits ein Ferritinwert kleiner als 100 Milligramm pro Liter als absoluter Eisenmangel definiert.
Magnesium ist der Antistress-Mikronährstoff und spielt auch eine wichtige Rolle im Energiestoffwechsel der Mitochondrien. Eine Magnesiumsupplementierung ist deshalb bei vielen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, so auch bei der Herzinsuffizienz, notwendig. Durch die Einnahme von Entwässerungsmedikamenten kommt es bei Patienten mit Herzinsuffizienz auch zu einer vermehrten Magnesiumausscheidung.
Aminosäuren bei der Herzinsuffizienz
Taurin ist eine schwefelhaltige Aminosäure mit sehr vielfältigen Eigenschaften. Taurin ist beteiligt an der Osmoregulation, es wirkt antioxidativ, antientzündlich und immunstimulierend. Taurin hat auch verschiedene Eigenschaften, die bei der Behandlung von Herzerkrankungen von Bedeutung sind, z. B. eine antiarrhythmische und herzmuskelkraftstärkende Wirkung. In mehreren kleinen Studien wurde untersucht, inwieweit eine Taurinsupplementierung bei der Behandlung der Herzinsuffizienz von Nutzen ist.
2017 wurde eine Studie von Wissenschaftlern aus dem Iran und aus Neuseeland publiziert, in der nachgewiesen wurde, dass eine Taurinsupplementierung (3 x 500 Milligramm täglich) bei Patienten mit Herzinsuffizienz die körperliche Belastbarkeit erhöhte. Taurin hat auch einen günstigen Einfluss auf eine erhöhte Entzündungsaktivität. Taurin ist in Japan schon seit längerer Zeit für die Behandlung der Herzinsuffizienz als Medikament zugelassen. 2014 veröffentlichten Forscher aus Japan, dass der günstige Effekt von Taurin darauf beruht, dass es die nachteiligen Effekte der Katecholamine und von Angiotensin 2 vermindert.
Arginin ist die Ausgangssubstanz für die Bildung des Signalgases Stickstoffmonoxid, das für die Endothelfunktion und für die Regulierung der Gefäßweite eine zentrale Rolle spielt. Bei der Herzinsuffizienz wurden mehrfach Störungen der NO-Verfügbarkeit und auch eine Beeinträchtigung der Endothelfunktion nachgewiesen. Bei Patienten mit Herzinsuffizienz sollte deshalb auch Arginin bestimmt und gegebenenfalls supplementiert werden.
Citrullin ist eine unmittelbar biochemische Vorstufe von Arginin und wird zunehmend anstelle von Arginin zur Verbesserung der NO-Verfügbarkeit supplementiert. Citrullin kann sogar den Argininspiegel effektiver erhöhen als Arginin selbst, da Citrullin nicht die Konzentration des Abbauenzyms Arginase stimuliert.
Französische Wissenschaftler fanden bei Herzinsuffizienz-Patienten verminderte Glutathionkonzentrationen.
Vitamine
Bei Patienten mit Herzinsuffizienz ist häufig ein Vitamin-B1-Mangel nachweisbar, vor allem auch bei stationär behandelten Herzinsuffizienz-Patienten. Vitamin B1 spielt eine zentrale Rolle im Kohlenhydratstoffwechsel. Bei einem Vitamin-B1-Mangel kommt es zu einer verminderten Aktivität der Pyruvat-Dehydrogenase, wodurch das Pyruvat in geringerem Umfang in die Mitochondrien aufgenommen und stattdessen zu Laktat verstoffwechselt wird. Ein Hauptgrund für den Vitamin-B1-Mangel dürfte die Einnahme von Diuretika sein, insbesondere von sogenannten Schleifendiuretika, die zu einer vermehrten Ausscheidung von Vitamin B1 über den Urin führen. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass das Risiko für einen Vitamin-B1-Mangel umso höher ist, je mehr Entwässerungsmittel eingenommen werden. Auch ein hoher Alkoholkonsum, eine Fehlernährung sowie ein fortgeschrittenes Altern können einen Vitamin-B1-Mangel begünstigen. Eine Supplementierung von Vitamin B1 sollte insbesondere dann erfolgen, wenn ein Vitamin-B1-Defizit nachgewiesen wurde.
Erhöhte Homocysteinkonzentrationen sind ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und werden häufig auch bei Patienten mit Herzinsuffizienz nachgewiesen. Homocystein kann zu einer vermehrten Bildung freier Radikale führen, die dann wiederum das Voranschreiten der Herzinsuffizienz begünstigen.
Wissenschaftler aus Frankreich haben 2015 publiziert, dass erhöhte Homocysteinkonzentrationen bei Herzinsuffizienzpatienten häufig auftreten und die Sterblichkeit an diesem Krankheitsbild nach fünf Jahren erhöhen können.
Wissenschaftler der Universität des Saarlandes fanden einen Zusammenhang zwischen der Homocysteinkonzentration und dem Schweregrad der Herzinsuffizienz. Homocystein kann durch Supplementierung der Vitamine B6, B12 und Folsäure gesenkt werden. Bei älteren Menschen spielt diesbezüglich vor allem Vitamin B12 eine wichtige Rolle, da die B12-Aufnahme altersabhängig ohnehin rückläufig ist und ältere Menschen zudem oftmals Medikamente einnehmen, die die Vitamin-B12-Aufnahme behindern. Im Einzelfall kann auch Vitamin B2 für die Homocysteinsenkung eine Rolle spielen, da Vitamin B2 für den Folsäurestoffwechsel erforderlich ist.
Vitamin D3 hat neben seinen zahlreichen anderen Funktionen auch eine wichtige Bedeutung im Herz-Kreislauf-System. Es ist bekannt, dass niedrige Vitamin-D3-Spiegel das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System aktivieren sowie eine endotheliale Dysfunktion hervorrufen können. Außerdem hat Vitamin D3 einen Einfluss auf die Entzündungsaktivität. Eine Metaanalyse chinesischer Wissenschaftler hat ergeben, dass Vitamin D3 zu keiner Verbesserung der Herzmuskelfunktion führt, aber die Konzentration bestimmter Entzündungsmarker vermindern kann. Wichtig ist auch, dass Vitamin D3 die Konzentrationen des Parathormons senkt. Erhöhte Parathormonspiegel fördern z. B. eine Hypertrophie des Herzmuskels, können blutdruckerhöhend wirken und begünstigen Herzrhythmusstörungen. Patienten mit Herzinsuffizienz sollten also auf jeden Fall auf einen guten Vitamin-D3-Status achten.
Oxidativer Stress / Antioxidantien
In mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass bei Patienten mit Herzinsuffizienz ein oxidativer Stress vorliegt, dessen Ausmaß mit dem Stadium der Erkrankung korreliert. Außerdem besteht regelmäßig eine endotheliale Dysfunktion mit einer verminderten Verfügbarkeit von Stickstoffmonoxid. Diese Faktoren bedingen dann auch eine reduzierte ATP-Produktion der Mitochondrien der Herzmuskelzellen.
Bei Patienten mit Herzinsuffizienz konnte durch eine intravenöse Vitamin-C-Gabe die Endothelfunktion verbessert werden, was auch zu einer Verbesserung der Natriumausscheidung durch Furosemid führte. Furosemid ist ein stark wirksames Entwässerungsmittel, das bei Herzinsuffizienz-Patienten häufig eingesetzt wird.
Vitaminoide
Carnitin ist ein Transportmolekül für die Fettsäuren in die Mitochondrien und deshalb von zentraler Bedeutung für die Energiegewinnung. Carnitin bzw. der Wirkstoff Propionyl-L-Carnitin wird schon längere Zeit bei der Behandlung der Herzinsuffizienz eingesetzt. Eine Metaanalyse chinesischer Wissenschaftler aus dem Jahr 2017 bestätigt die Sinnhaftigkeit einer Carnitinsupplementierung. Die Auswertung von Daten bei 1.625 Patienten mit Herzinsuffizienz zeigte, dass Carnitin die klinische Symptomatik verbesserte und auch die Spiegel der natriuretischen Peptide verminderte.
Coenzymn Q10 ist ein Bestandteil der Atmungskette in den Mitochondrien und spielt deshalb eine wichtige Rolle für die ATP-Synthese. Darüber hinaus ist Coenzym Q10 ein lipophiles Antioxidans und kann die Oxidation von Fettmolekülen vermindern. In zahlreichen Studien gab es Hinweise, dass Coenzym Q10 einen günstigen Effekt bei der Behandlung der Herzinsuffizienz hatte. In einer 2013 publizierten Metaanalyse zum Stellenwert einer Q10-Supplementierung bei Herzinsuffizienz wird aber zum Ausdruck gebracht, dass weitere groß angelegte Studien erforderlich seien, um einen günstigen Effekt von Coenzym Q10 verbindlich zu belegen.
Fazit:
In der Prävention und Behandlung der Herzinsuffizienz spielen Mikronährstoffe eine bedeutende Rolle. Deshalb sollte in jedem Fall auf eine gute Mikronährstoffversorgung geachtet werden. Bestehende Mikronährstoffmängel lassen sich durch eine entsprechende Laboranalyse nachweisen. Dazu empfehlen wir die Durchführung des DCMS-Herz-Kreislauf-Profils.
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