Schilddrüsen-Gesundheit und Mikronährstoffversorgung

Schilddruese und Mikronährstoffe

 

 

📌 In Kürze:

Für eine normale Funktion der Schilddrüse sind außer Jod noch verschiedene andere Mikronähstoffe erforderlich.

Mikronährstoffe werden benötigt:

  • für die Bildung der Schilddrüsenhormone
  • für die Regulierung der Schilddrüsenfunktion
  • zur Begrenzung von Autoimmunreaktionen
  • für die biologische Wirksamkeit der Schilddrüsenhormone
  • zur Verminderung von oxidativem Stress bei Fehlfunktion der Schilddrüse



Schilddrüse: eines der wichtigsten Organe im Hormonsystem

Die Schilddrüse ist verantwortlich für die Produktion und Freisetzung von zwei Schilddrüsenhormonen, nämlich Thyroxin (T4) und Trijodthyronin(T3). Im Gegensatz zu T4 wird T3 hauptsächlich in Geweben außerhalb der Schilddrüse gebildet durch eine Dejodierung von T4.

Die Schilddrüsenhormone kontrollieren den Stoffwechsel von Lipiden, Kohlenhydraten, Proteinen sowie von Elektrolyten und spielen eine wichtige Rolle für die Regulierung der Körpertemperatur. Eine nicht ausreichende Konzentration der Schilddrüsenhormone wirkt sich nachteilig auf nahezu jedes Organ aus.

Die Schilddrüsenhormone haben auch eine wichtige Funktion für die Entwicklung des Fötus, so dass schwangere Frauen unbedingt auf ausreichende Spiegel der Schilddrüsenhormone achten sollten. Die Aktivität der Schilddrüse wird über einen Regelkreis reguliert. Wenn die Konzentrationen der freien Schilddrüsenhormone absinken, wird aus der Hypophyse vermehrt TSH freigesetzt, das die Jodresorption im Darm sowie die Schilddrüsenhormon-Bildung anregt. Bei hohen Hormonspiegeln wird die TSH-Freisetzung entsprechend reduziert. Die TSH-Bestimmung im Blutserum ist zum Ausschluss einer Schilddrüsenfunktionsstörung im Regelfall als Screeningtest ausreichend.

Erkrankungen der Schilddrüse

Erkrankungen der SchilddrüseJede Schilddrüsenvergrößerung, unabhängig von der Entstehung, wird als Struma bezeichnet. In Deutschland haben ca. 30 Prozent der Erwachsenen in Jodmangelgebieten eine vergrößerte Schilddrüse, die aber häufig nicht mit einer Veränderung der Hormonproduktion einhergeht.

Wenn die Schilddrüse zu wenig Hormone bildet, spricht man von einer Hypothyreose, die oft schleichend beginnt und zum Beispiel mit Symptomen wie Antriebsarmut, Konzentrations- und Gedächtnisschwäche, Kälteempfindlichkeit, Depressionen, Erschöpfung etc. einhergeht.

Die häufigste Ursache einer erworbenen Schilddrüsenunterfunktion ist die Hashimoto-Thyreoiditis. Hierbei handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, die zu einer allmählichen Zerstörung des Schilddrüsengewebes führt. Die Hashimoto-Thyreoiditis ist oftmals mit anderen Autoimmunerkrankungen assoziiert und tritt bei Frauen etwa neunmal häufiger auf als bei Männern. Zu Beginn der Erkrankung kann es zu einer kurzfristigen Überfunktion der Schilddrüse kommen, längerfristig entsteht aber immer eine Hypothyreose, die eine Therapie mit Schilddrüsenhormonen erforderlich macht.

Auch eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) wird häufig durch immunologische Prozesse hervorgerufen. Kennzeichnend für eine Schilddrüsenüberfunktion ist eine Beschleunigung der Stoffwechselprozesse, meist kombiniert mit vermehrter Nervosität und Schlafstörungen.

Die Schilddrüse ist auf eine ausreichende Mikronährstoffversorgung angewiesen

Da Jod essenzieller Bestandteil der Schilddrüsenhormone ist, kommt natürlich der Jodversorgung des Menschen eine zentrale Bedeutung zu. Darüber hinaus sind aber viele weitere Mikronährstoffe wichtig für die Bildung der Schilddrüsenhormone und für die Funktionsfähigkeit der Schilddrüse. Die Zusammenhänge zwischen der Mikronährstoff-Versorgung und der Schilddrüsenfunktion werden aber häufig gar nicht oder zu wenig beachtet. Es gibt inzwischen eine beträchtliche Anzahl von Fachartikeln zur Bedeutung der Mikronährstoffe für die Schilddrüsenfunktion. Im Folgenden finden vor allem Fachartikel neueren Datums Beachtung.

 

Aminosäuren

In einer Studie von US-Wissenschaftlern wurden bei 387 gesunden Personen verschiedene Marker der Schilddrüsenfunktion sowie zahlreiche Mikronährstoffe bestimmt. Die Studie zeigt einen signifikanten Einfluss von verschiedenen Mikronährstoffen auf die Ausschüttung von Schilddrüsenhormonen. Verminderte Konzentrationen der Aminosäuren Asparagin, Glutamin, Serin, Valin, Citrullin und Arginin hatten einen signifikanten Effekt auf die Schilddrüsenparameter. Ein Citrullin-Mangel erhöhte die Konzentrationen von T4, niedrige Konzentrationen der Aminosäure Arginin verminderten die Serumspiegel von T3. Zur Klärung der Funktion der einzelnen Aminosäuren auf die Schilddrüsenfunktion sind aber nach Aussage der Autoren der Studie weitere Studien erforderlich.

 

Vitamine und Schilddrüse

2022 publizierten italienische Wissenschaftler einen Übersichtsartikel über den Zusammenhang zwischen Störungen der Schilddrüsenfunktion und Vitamin A. Ein Vitamin-A-Mangel hat eine ganze Reihe von Konsequenzen für die Schilddrüsenfunktion. Dazu zählen: Erhöhung der TSH-Sekretion, Verminderung der Jodaufnahme in die Schilddrüse, Verminderung des Pools von T4 und T3, verminderte Konversion von T4 zu T3 in der Leber, verminderte T3-Aufnahme in die Muskulatur. Ein Vitamin-A-Mangel beeinträchtigt auch die Homöostase der T-Zellen, was zur Entstehung der Hashimoto-Thyreoiditis beitragen kann.

 

Vitamin D ist ein wichtiges Regulator-Molekül des Immunsystems und kann Autoimmunprozesse begrenzen. Deshalb spielt Vitamin D eine wichtige Rolle bei der Behandlung der Hashimoto-Thyreoiditis. 2022 publizierten chinesische Wissenschaftler eine Metaanalyse von randomisierten kontrollierten Studien über die Effekte von Vitamin D bei der Behandlung der Hashimoto-Thyreoiditis. Das Ergebnis der Metaanalyse war, dass eine Vitamin-D-Supplementierung signifikant die Spiegel von Thyreoperoxidase-Antikörpern (TPO-Ak) im Vergleich zu einer Kontrollgruppe verminderte. Die Thyreoperoxidae spielt eine wichtige Rolle in der Synthese der Schilddrüsenhormone. TPO–AK sind bei über 90 Prozent der Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis nachweisbar, nicht selten sind aber die Antikörper-Titer nur leicht oder grenzwertig erhöht.

Wissenschaftler aus der Türkei fanden bei Patienten mit Schilddrüsenknoten signifikant niedrigere Vitamin-D-Spiegel als bei Kontrollpersonen. Ein Vitamin-D-Mangel könnte auch ein Faktor sein, der an der Entstehung von Schilddrüsenknoten beteiligt ist.

Forscher aus Indien fanden bei Patienten mit Schilddrüsenunterfunktion im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen signifikant verminderte Konzentrationen der Vitamine B12 und Folsäure.

In einer georgischen Studie wurden bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse signifikant niedrigere Vitamin-B12-Spiegel als bei gesunden Kontrollpersonen nachgewiesen. Die Vitamin-B12-Spiegel korrelierten signifikant mit den Autoimmunerkrankungen. Die Autoren der Studie empfehlen deshalb die Bestimmung von Vitamin B12 bei allen Patienten mit Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse. Wie bereits erwähnt, leiden Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis häufig auch an anderen Autoimmunerkrankungen, zum Beispiel an einer Autoimmungastritis, wodurch dann die Vitamin-B12-Aufnahme stark beeinträchtigt wird.

Die Vitamine C und Vitamin E sind wichtige Antioxidantien im Stoffwechsel und haben einen Schutzeffekt gegen oxidativen Stress bei Schilddrüsenerkrankungen. Eine Schilddrüsenunterfunktion, bereits in subklinischer Form, reduziert die Aktivität des antioxidativen Systems und begünstigt die Entstehung von oxidativem Stress. Bei der Schilddrüsenüberfunktion ist die Bildung von ROS ebenfalls erhöht. Dies wird bedingt durch einen erhöhten intrazellulären ATP-Verbrauch, durch einen erhöhten Sauerstoffverbrauch und eine erhöhte Aktivität adrenerger Rezeptoren.

 

Spurenelemente und Mineralstoffe

Zwischen dem Eisenstoffwechsel und der Schilddrüsenfunktion bestehen enge Wechselbeziehungen. Eine Schilddrüsenunterfunktion kann die Eisen-Aufnahme beeinträchtigen. Die Thyreoperoxidase (TPO) ist ein eisenabhängiges Enzym und hat, wie bereits erwähnt, eine Schlüsselfunktion für die Bildung der Schilddrüsenhormone. Ein Eisenmangel kann zu einer verminderten Aktivität der TPO führen, wodurch dann auch die Bildung der Schilddrüsenhormone vermindert wird. Bei Patienten mit subklinischer Schilddrüsenunterfunktion oder Hashimoto-Thyreoiditis wurden häufig niedrige Eisenkonzentrationen nachgewiesen. Niedrige Eisenspeicher können auch ein Grund dafür sein, dass die Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion trotz Thyroxintherapie weiter bestehen. Patienten mit Autoimmunthyreoiditis oder Schilddrüsenunterfunktion sollten also routinemäßig auf einen Eisenmangel untersucht werden.

Die Schilddrüse ist das Organ mit der höchsten Selenkonzentration im menschlichen Körper. Selbst bei einem Selenmangel im Organismus wird der Selengehalt der Schilddrüse aufrechterhalten. Die selenhaltigen Dejodasen sind wichtig für die Bildung von T3 aus T4. Trijodthyronin (T3) ist biologisch wesentlich aktiver als Thyroxin (T4).
Für die Schilddrüsenfunktion sind auch die selenhaltigen Glutathionperoxidasen (GPX) von großer Bedeutung. Die extrazelluläre Glutathionperoxidase (GPX3) wird in erheblichen Mengen in der Schilddrüse hergestellt und ist für die Entgiftung von überschüssigen Wasserstoffperoxid zuständig.

Ein Selenmangel war in Studien mit verschiedenen Schilddrüsenstörungen assoziiert, einschließlich Hypothyreose, subklinischer Hypothyreose, Vergrößerung der Schilddrüse, Schilddrüsenkarzinom und Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse. Eine höhere Selenkonzentration im Serum war mit einem signifikant niedrigeren Risiko für oben genannte Erkrankungen assoziiert. Die Selenkonzentration im Serum korrelierte negativ mit den Titern von TPO-Antikörpern und Thyreoglobulin-Antikörpern. Eine Selen-Supplementierung führt meist zu einer reduzierten Bildung von Schilddrüsenautoantikörpern. Es ist allerdings nicht verbindlich nachgewiesen, dass es dadurch auch zu einer Besserung der klinischen Symptomatik bei Hashimoto-Thyreoiditis kommt. Zur Prävention und Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen sollte aber in jedem Fall eine ausreichende Selenzufuhr sichergestellt sein.

Zink ist ein Spurenelement mit sehr vielfältigen Funktionen. Es wird auch für die Schilddrüsenfunktion benötigt. Zink ist an der Umwandlung von Thyroxin zu Trijodthyronin beteiligt. Es beeinflusst die Thyroxinspiegel durch Erhöhung der Bildung von Thyroxin-bindenden Protein. Außerdem hat Zink einen Einfluss auf die Rezeptoraktivität der Schilddrüsenhormone. Bei Patienten mit Schilddrüsenunterfunktion wurden unter anderem auch verminderte Zinkspiegel nachgewiesen. Zink hat bekanntlich eine große Bedeutung für das Immunsystem. Ein Zinkmangel erhöht die Bildung von proentzündlichen Zytokinen und begünstigt die Entstehung von Autoimmunerkrankungen. Patienten mit Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse sollten deshalb auf einen guten Zinkstatus achten.

Wissenschaftler aus Serbien publizierten 2022 einen Fachartikel, der sich mit Ernährungsfaktoren bei Schilddrüsen-Dysfunktion beschäftigt. Auch die Versorgung mit Carnitin kann bei Schilddrüsenerkrankungen eine Rolle spielen. Durch eine Carnitin-Supplementierung konnte bei Patienten mit Schilddrüsenunterfunktion im Vergleich zu einer Placebogabe eine signifikante Verbesserung der mentalen Fatigue erreicht werden. Bei Patienten mit Schilddrüsenüberfunktion wurde im Vergleich zu Patienten mit normaler Schilddrüsenfunktion in der Skelettmuskulatur eine Verminderung des Carnitin-Spiegels beobachtet. US-Wissenschaftler publizierten 2021, dass verminderte Serumspiegel von Carnitin mit einer signifikanten Erhöhung der Spiegel von Anti-TPO und Anti-Tg assoziiert waren.

Bei Patienten mit Schilddrüsenüberfunktion wurden in klinischen Studien signifikant reduzierte Coenzym-Q10-Spiegel nachgewiesen. Eine Supplementierung von Coenzym Q10 bei Hyperthyreose-Patienten könnte die kardiale Leistungsfähigkeit verbessern.

 

 Schlussfolgerung:

 Zur Prävention und Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen muss unbedingt auf eine ausreichende Verfügbarkeit verschiedener Mikronährstoffe geachtet werden.

💡 Mikronährstoffe sind essenziell für die Bildung der Schilddrüsenhormone und Regulierung der Schilddrüsenfunktion sowie für die Begrenzung von Autoimmunreaktionen. Die Bestimmung der Mikronährstoffe in Form einer Mikronährstoff-Analyse gibt Aufschluss über vorhandene Defizite und ermöglicht dadurch eine gezielte Supplementierung.

 

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Stoffwechsel Profil 200

Empfehlung

Bei Schilddrüsenerkrankungen hat sich die Durchführung des DCMS-Stoffwechsel-Profils als Grundlage für eine zielgerichtete Therapie mit Mkronährstoffen seit vielen Jahren bewährt.

 

 

 

Referenz

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