Demenz und Mikronährstoffe: Neue Studien

In Deutschland leben derzeit zwischen 16 und 17 Mio. Menschen, die 65 Jahre oder älter sind. Sie stellen fast 20 Prozent der Bevölkerung. Demenzerkrankungen sind typische Erkrankungen des Alters. Eine Umfrage der amerikanischen Alzheimergesellschaft hat ergeben, dass zwischen dem 65. und 74. Lebensjahr jede siebte Person an Alzheimer erkrankt ist. Im Alter zwischen 74 und 85 Jahren steigt dieser Anteil auf 44 Prozent. Nach Angaben der Deutschen Alzheimergesellschaft leben in Deutschland gegenwärtig etwa 1,5 Mio. Demenzkranke, zwei Drittel von ihnen sind von der Alzheimererkrankung betroffen. Es ist davon auszugehen, dass sich die Krankenzahl bis zum Jahr 2050 auf etwa drei Mio. erhöhen wird.

Bei allen neurodegenerativen Erkrankungen spielen oxidativer Stress, Inflammation und mitochondriale Dysfunktion eine wichtige Rolle - alles Faktoren, die durch die Art der Ernährung und vor allem auch durch die Versorgungslage mit Mikronährstoffen beeinflusst werden. Über die Zusammenhänge der Mikronährstoffversorgung und Demenzerkrankung erscheinen regelmäßig neue Studien. Eine Auswahl aktueller Studien wird im Folgenden vorgestellt:


Selen

Selen ist ein wichtiges antioxidatives Spurenelement, und es ist bekannt, dass eine verminderte antioxidative Kapazität mit kognitivem Abbau assoziiert ist. Brasilianische Wissenschaftler untersuchten bei Patienten mit Alzheimererkankung, bei Patienten mit milder kognitiver Beeinträchtigung und bei einer Kontrollgruppe die Selenkonzentrationen im Plasma und in den Erythrozyten. Die Patienten der Alzheimergruppe zeigten die niedrigsten Selenkonzentrationen im Plasma. Es wurde beobachtet, dass die Selenkonzentrationen in den Erythrozyten sehr eng mit dem kognitiven Abbau korrelierten. Die brasilianischen Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass ein Selenmangel zu einem kognitiven Abbau bei älteren Menschen beitragen könne.

In einem weiteren Fachartikel aus Brasilien wurde die Rolle von Selen bei der Alzheimererkankung beleuchtet. Selen ist  Bestandteil verschiedener antioxidativer Enzyme. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Selen bei der Prävention und Behandlung von Störungen des Gehirns eine Rolle spielt. Im Vergleich zu gesunden Personen war bei den Alzheimerpatienten der kognitive Abbau mit der Selenkonzentration assoziiert.

Homocystein

Homocystein ist bekanntlich ein Risikofaktor für Gefäßerkrankungen. Erhöhte Homocysteinkonzentrationen werden aber auch häufig bei neuropsychiatrischen Störungen gefunden. Bezüglich der Demenzerkrankungen ist bedeutsam, dass Homocystein wie ein exzitatorischer Neurotransmitter wirken kann und mit inhibitorischen Neurotransmittern wie GABA in Konkurrenz tritt. Zusätzlich führt Homocystein auch zu einer verstärkten mikrovaskulären Permeabilität, was zu Störungen der Blut-Hirn-Schranke führen kann. Wissenschaftler aus Algerien publizierten im April 2014 eine Fallkontrollstudie mit 41 Alzheimerpatienten und 46 nicht dementen Kontrollpersonen. Sie konnten nachweisen, dass eine Hyperhomocysteinämie ein Risikofaktor für die Alzheimererkrankung war und mit einem Vitamin-B12-Mangel assoziiert war.

In der Women`s Health Initiative Memory Study wurden bei über 7.000 Frauen über einen Zeitraum von fünf Jahren das Auftreten von kognitiven Störungen und möglichen Demenzerkrankungen erfasst. Zusätzlich wurden Lebensstilfaktoren, wie die Aufnahme von B-Vitaminen, ermittelt. Dabei zeigte sich, dass eine Folsäurezufuhr unterhalb der offiziellen Zufuhrempfehlungen mit einem erhöhten Risiko für eine milde kognitive Störung und möglicherweise für Demenzerkrankungen assoziiert war.

Italienische Wissenschaftler untersuchten bei älteren Studienteilnehmern die Homocysteinkonzentration und die Spiegel der B-Vitamine. Bei den Studienteilnehmern litten 147 an einer Demenzerkrankung, 127 hatten eine kognitive Störung und 44 Personen eine normale Hirnleistungsfähigkeit. Es zeigte sich, dass eine Hyperhomocysteinämie mit einem schlechteren kognitiven und funktionellen Status sowie mit Demenz assoziiert war, unabhängig von der Konzentration der B-Vitamine. Die Hälfte der Studienteilnehmer mit Hyperhomocysteinämie zeigte normale Konzentrationen der B-Vitamine, so dass die Wissenschaftler vermuteten, dass auch noch andere Faktoren mit hohen Homocysteinspiegeln zusammenhingen.


Antioxidative Vitamine

US-Wissenschaftler konnten nachweisen, dass bei Patienten mit leichter bis moderater Alzheimererkrankung eine Supplementierung von 2000 I.U. Alpha-Tocopherol pro Tag den funktionellen Abbau verlangsamte.

Chinesische Wissenschaftler untersuchten den Effekt der Vitamine E und C und Beta-Carotin auf die Hirnleistungsfähigkeit bei älteren Menschen. Zusätzlich wurden die Plasmaspiegel von Amyloid-Beta und Estradiol bestimmt. Außerdem wurde die Hirnleistungsfähigkeit mittels Testverfahren ermittelt. Eine Therapie mit Vitamin E und C in Kombination mit Beta-Carotin verbesserte signifikant die kognitive Funktion bei älteren Menschen, insbesondere mit höheren Dosen von Beta-Carotin. Außerdem ergaben sich Hinweise auf eine Reduzierung der Amyloid-Beta-Spiegel im Plasma.


Acetyl-L-Carnitin

In einem Fachartikel, der 2014 publiziert wurde, beschäftigten sich zwei US-Wissenschaftler mit Nahrungsergänzungsmitteln als Zusatztherapie für die Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen. Sie wiesen darauf hin, dass es eine Zahl von Studien gibt, in der eine Supplementierung von Acetyl-L-Carnitin einen günstigen Effekt hinsichtlich einer Verlangsamung des kognitiven Abbaus bei der Alzheimererkrankung zeigte.


Eisen

Wissenschaftler aus Australien untersuchten verschiedene Parameter des Eisenstoffwechsels bei der Alzheimererkrankung. Sie fanden einen starken Zusammenhang zwischen Anämie und Alzheimererkrankung. Die Patienten mit Alzheimererkankung hatten u.a. signifikant niedrigere Hämoglobinkonzentrationen. Die Alzheimererkrankung erwies sich als starker Risikofaktor für Anämie. Die Auswertung der Daten zeigte also, dass die Alzheimererkrankung durch eine Anämie negativ beeinflusst wird.


Vitamin D

Wissenschaftler aus den USA untersuchten anhand von Daten der Cardiovascular Health Study, wie sich die Konzentration von 25(OH)D auf das Risiko von Demenzerkrankungen und auf das Risiko von Morbus Alzheimer im Besonderen auswirkte. Das Risiko für die genannten Erkrankungen stieg bei einer Vitamin D3-Konzentration unter 20 ng/ml. markant an. Forscher aus Finnland untersuchten anhand von Daten der Mini-Finland Health Survey den Zusammenhang zwischen Demenzerkrankungen und der 25(OH)D-Konzentration. Analog zu der US-amerikanischen Studie wurde nachgewiesen, dass ein niedriger Vitamin-D-Status als Risikofaktor für Demenzerkrankungen anzusehen ist.

Eine chinesische Arbeitsgruppe hat im November 2014 publiziert, dass in einer chinesischen Langzeitstudie niedrigere Vitamin-D-Spiegel mit einem größeren Risiko für kognitive Störungen assoziiert waren. Zu ähnlichen Ergebnissen kam eine Untersuchung aus Italien, die im Dezember 2014 in der Zeitung Neurology veröffentlicht wurde. Sie fanden einen unabhängigen Zusammenhang zwischen niedrigen 25(OH)D-Spiegeln und kognitivem Abbau bei älteren Personen.


Referenzen: