Ist Serin bedingt essenziell?

Serin wird im Allgemeinen den nicht essenziellen Aminosäuren zugeordnet, d. h. man geht davon aus, dass der Organismus ausreichende Mengen Serin selber bilden kann. Vor Kurzem erschien ein Übersichtsartikel eines Wissenschaftlers der tschechischen Karls-Universität, der sich mit dem Serinstoffwechsel in Gesundheit und Krankheit beschäftigte. Serin hat eine ganze Reihe von physiologischen Funktionen. Dazu gehören Neurotransmission, Proteinsynthese, Beteiligung am Folsäure- und Methioninstoffwechsel, Synthese von Sphingolipiden und Phospholipiden. Außerdem ist Serin am Stoffwechsel der schwefelhaltigen Aminosäuren beteiligt. Die Hydroxyl-Seitenkette von Serin kann Phosphat binden und spielt eine bedeutende Rolle für die Regulierung von Proteinfunktionen. Der Autor des Fachartikels plädiert dafür, Serin als bedingt essenzielle Aminosäure einzustufen und zwar aus folgenden Gründen: Es gibt primäre Störungen der Serin- Bildung, die zu einem Serinmangel führen. Bei Diabetes und chronischen Nierenerkrankungen kann der Mensch keine ausreichenden Mengen an Serin bilden. Ein Serinmangel ist mit schweren neurologischen Störungen assoziiert.

Eine Serin-Supplementierung ist eine effektive Therapie bei primären Störungen des Serinstoffwechsels und bei der diabetischen Neuropathie. Auch bei ALS zeigte eine Serintherapie einen günstigen Effekt. Der Wirkmechanismus einer Serin-Supplementierung beruht auf einer vermehrten Bildung von Sphingolipiden, einer Verminderung des Homocysteinspiegels und einer vermehrten Bildung von Cystein und seiner Stoffwechselprodukte, einschließlich Glutathion.

Referenz:
Milan Holeček: Serine Metabolism in Health and Disease and as a Conditionally Essential Amino Acid; Nutrients. 2022 May 9;14(9):1987.