Mikronährstoffmängel bei Anorexia nervosa

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In Kürze

Bei Anoerexia Nervosa sind häufig Mikronährstoffmängel anzutreffen, da sowohl die Nahrungsmenge wie auch die Nahrungsmittelauswahl stark eingeschränkt sind. Aufgrund des massiven Mikronährstoffmangels leiden die Betroffenen meist an einer Vielzahl an körperlichen und psychischen Symptomen.

 

 

 

 

Anorexia nervosa oder psychogene Magersucht ist ein absichtlich herbeigeführtes Untergewicht. Das Krankheitsbild tritt bei Jugendlichen mit einer Häufigkeit von einem Prozent auf, wobei Mädchen zehn Mal häufiger betroffen sind als Jungen. Zu den klinischen Symptomen gehört neben einer Einschränkung der Nahrungsaufnahme auch eine fehlende Krankheitseinsicht mit einer Körperschemastörung. Anorexiapatienten haben häufig einen gesteigerten Bewegungsdrang und nehmen eventuell Appetitzügler oder Abführmittel ein. Außerdem wird häufig ein selbst induziertes Erbrechen herbeigeführt.

 

Mikronährstoffmängeln und entsprechenden Folgen

Bei Anorexia nervosa sind häufig Mikronährstoffmängel anzutreffen, da sowohl die Nahrungsmenge wie auch die Nahrungsmittelauswahl stark eingeschränkt sind.

Das Untergewicht bedingt im Laufe der Zeit eine Vielzahl körperlicher Symptome wie Muskelatrophie, Haarausfall, Herzrhythmusstörungen, orthostatische Dysregulation, Blutbildveränderungen, Elektrolytverschiebungen und vieles mehr. Meist besteht eine endokrine Störungen auf der Hypothalamus-Hypohysen-Gonaden-Achse, wodurch es bei Mädchen dann typischerweise zu einem Ausbleiben der Regelblutung kommt.


Auch die Psyche leidet bei Anorexia nervosa

Durch die Mangelernährung kommt es meist zu einer verminderten Aufnahme von Aminosäuren und von anderen Mikronährstoffen, die unter anderem auch für den Botenstoffwechsel erforderlich sind. Die Folgen für Anorexia-Patienten können sein: Depressionen, Leistungsabfall, Hirnleistungsstörungen, Konzentrationsstörungen und nicht zu letzt auch eine eingeschränkte Beurteilungsfähigkeit des Gewichts- bzw. des Gesundheitszustandes.

 

Bei Anorexia nervosa wurden verschiedentlich Mikronährstoffmängel oder Probleme mit der Mikronährstoffversorgung festgestellt. Dazu einige Studien:

  • 19 klinische Patienten mit Anorexia nervosa erhielten über einen Zeitraum von drei Wochen L-Tyrosin 100 mg pro Kilogramm Körpergewicht täglich. Durch die Tyrosinsupplementierung kam es zu einer Verminderung der Reaktionszeit sowie der Testdauer bei Gedächtnisaufgaben. Außerdem wurde eine Besserung der depressiven Stimmungslage festgestellt. Die Autoren des Fachartikels, israelische Wissenschaftler, kamen zu dem Schluss, dass Tyrosin die kognitive Funktion sowie psychologische Aspekte bei Anorexia neurosa verbessern kann.

  • In einem Fachartikel beschäftigte sich ein pakistanischer Wissenschaftler mit der Bedeutung von Tryptophan bei der Behandlung von Anorexia neurosa. Die Gabe von Tryptophan kann die serotoninerge Neurotransmission verbessern. Exessive Diätpraktiken und eine Einschränkung der Nahrungsmittelzufuhr können bei Anorexiapatienten die Tryptophan- und Serotoninspiegel im Gehirn vermindern, was dann zu Depressionen, Psychosen oder Hyperaktivität führen kann.

  • Forscher aus England untersuchten kernspintomografisch das Gehirn von 13 Anorexia-Nervosa-Patientinnen und von 12 gesunden Kontrollpersonen. Die Frauen mit Anorexia nervosa zeigten eine weitverteilte Verminderung der Glutamatspiegel im Gehirn.

  • Bei Patientinnen mit Anorexia nervosa wurde ein Vitamin-K-Mangel festgestellt. Die Spiegel von untercarboxyliertem Osteocalcin waren bei den Anorexie-Patienten signifikant höher als bei den Kontrollpersonen. Wissenschaftler aus Frankreich untersuchten bei 153 Patienten mit Anoerexia nervosa den Mikronährstoffstatus. Bei 45,7 Prozent der Patienten wurden wenigsten ein Vitamin-Mangel nachgewiesen, hauptsächlich Vitamin A und Folsäure. Der häufigste Mangel an Spurenelementen betraf Selen. Vom Selenmangel waren 45 Prozent der Patienten betroffen.

  • US-Wissenschaftler aus Italien und den USA publizierten einen systematischen Übersichtsartikel über oxidativen Stress und den Antioxidantienspiegel bei Patienten mit Anorexia neurosa. In zwei Studien wurden verminderte Konzentrationen der Superoxiddismutase festgestellt. Im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen zeigten Anorexia-Patienten signifikant höhere Konzentrationen von Apolipoprotein B, einem Marker des oxidativen Stresses. In einer Studie wurden auch niedrigere Glutathion- und Cysteinspiegel im Vergleich zu Kontrollpersonen festgestellt.

  • Wissenschaftler aus Neapel führten bei Patientinnen mit restriktiver Anorexia nervosa eine Befragung der Ernährungsgewohnheiten auf. Keine der Anorexiapatientinnen erfüllte die empfohlene Aufnahme von Vitamin E, Vitamin B1, Niacin und Folsäure.

  • Eine Metaanalyse zum Vitamin-D-Status bei Patienten mit Anorexia nervosa ergab, dass die betroffenen Patienten signifikant niedrigere 25-OH(D) und 1,25-OH-D2-Spiegel aufwiesen im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen.

Eine Mikronährstoffanalyse bei Anorexia nervosa ist sinnvoll

Aufgrund der zum Teil schwerwiegenden Mikronährstoffmängel bei Anorexia nervosa, ist die Durchführung einer umfassenden Mikronährstoffanalyse sinnvoll, wie die Vitalstoffanalyse „exklusiv“.

Empfehlenswert ist deshalb eine Bestimmung der Mikronährstoffe, um bestehende Mängel aufzudecken und zu beheben.

 

Referenzen:

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