Aminosäuren: Welche Stoffwechselfunktionen haben sie?

Aminosaeuren 2

Mikronährstoffe, d.h. Vitamine, Spurenelemente, Mineralstoffe, Aminosäuren und Fettsäuren, sind an allen Stoffwechselreaktionen beteiligt. Für den richtigen Ablauf aller Stoffwechselvorgänge und zum Erhalt der Gesundheit ist deshalb eine ausreichende Versorgung mit Mikronährstoffen grundlegend wichtig. Mikronährstoffmängel führen in Abhängigkeit vom Ausmaß von leichten körperlichen Befindlichkeitsstörungen bis hin zu schweren Erkrankungen.

Die eiweißbildenden Aminosäuren sind die Grundbausteine für alle Proteine, haben aber darüber hinaus noch zahlreiche weitere Funktionen. Sie können vom Stoffwechsel auch als Energielieferant genutzt werden und fungieren als Neurotransmitter oder als Neurotransmittervorstufen. Außerdem sind Aminosäuren Ausgangssubstanzen für die Bildung verschiedener Biomoleküle. Aminosäuren können auch bei bestimmten Erkrankungen therapeutisch eingesetzt werden.

Von einer ungezielten Therapie mit hoch dosierten Aminosäuren ist allerdings abzuraten, da dies auch nachteilige Effekte haben kann. Das Verhältnis der einzelnen Aminosäuren zueinander hat einen starken Einfluss auf die zelluläre Aufnahme der einzelnen Aminosäuren, sodass durch eine ungezielte Supplementierung ein Aminosäurenungleichgewicht entstehen kann. Ein Profil der Aminosäuren im Blutplasma/Serum spiegelt den dynamischen Fluss wieder und liefert wichtige Hinweise für eine individuelle Supplementierung von Aminosäuren.

 

 

Kurzportraits der Aminosäuren

 

Alanin

Alanin ist eine nicht essentielle Aminosäure und neben Glutamin das wichtigste Molekül für den Stickstofftransport im Blut. Alanin wird hauptsächlich von der Muskulatur an das Blut abgegeben, wobei es an den Aminosäuren, die von der Muskulatur an das Blut abgeliefert werden, mit rund 30 Prozent beteiligt ist. Der Alaningehalt der Muskelproteine beträgt nur 6 Prozent. Die Alaninbildung ist also eine bedeutende Stoffwechselleistung der Muskelzellen. Ein Teil des Alanins entstammt direkt dem Proteinabbau. Die Kohlenstoffskelette von Valin, Isoleucin, Asparaginsäure und Glutaminsäure können zu Pyruvat umgewandelt und danach zu Alanin transaminiert werden. Unter den Aminosäuren, die von der Leber aufgenommen werden, hat Alanin einen Anteil von mehr als 25 Prozent.

Die Aminogruppe des Alanins wird für die Harnstoffproduktion verwendet. Das Pyruvat kann via Oxalacetat in die hepatische Gluconeogenese eingeschleust werden.

Die Alaninaufnahme der Leber wird durch das Hormon Glukagon gefördert. Durch eine Alanin-Supplementierung kann der Glukosespiegel erhöht werden. Es gibt Hinweise aus der Sportphysiologie, dass Alaninsupplemente den Blutzuckerspiegel während des Trainings stabil halten können. In einer Untersuchung konnte nachgewiesen werden, dass während des Trainings aufgenommenes Alanin eine kohlenhydrat-konservierende Wirkung hatte und die Proteinsynthese steigerte. Alanin ist auch Lieferant einer Aminogruppe für die Hämsynthese.

 

Arginin

Arginin ist eine semiessentielle Aminosäure, die prinzipiell im Organismus eines gesunden Erwachsenen selbst gebildet werden kann. Essentiell ist Arginin bei Säuglingen und Kleinkindern, aber auch bei Erwachsenen im Falle einer Sepsis und einer chronischen Niereninsuffizienz. Arginin ist ein wichtiges Substrat des Harnstoffzyklus, weshalb die Leber auch keine größeren Mengen an das Blut abgeben kann. Die Niere verwendet das von den Darmschleimhautzellen freigesetzte Citrullin zur Argininsynthese. 70 Prozent des endogen gebildeten Arginins werden auf diese Weise hergestellt.

Arginin ist Ausgangssubstanz für die Bildung von Kreatin und via Ornithin auch für die Bildung von Polyaminen; ferner ist es für die Kollagensynthese und für die Wundheilung erforderlich. Das Haarprotein hat einen relativ hohen Arginingehalt, weshalb sich ein Argininmangel besonders auch auf das Erscheinungsbild der Haare auswirkt.

Von besonderer therapeutischer Bedeutung ist die Funktion des Arginins als Ausgangssubstanz für die NO-Synthese. NO ist ein kurzlebiges gasförmiges Signalmolekül, das mittels verschiedener Nitritoxid-Synthasen (NOS) hergestellt wird. In den Blutgefäßen bewirkt NO eine Relaxation der glatten Gefäßmuskulatur, was zu einer Vasodilatation führt.

Makrophagen produzieren große Mengen an NO zur Bekämpfung intrazellulärer Erreger. NO spielt zudem eine wichtige Rolle bei der Neurotransmission: Je nach Synapsentyp erhöht oder vermindert No die Freisetzung klassischer Neurotransmitter. NO ist auch mit großer Wahrscheinlichkeit an der Langzeitpotenzierung im Gehirn beteiligt, die bekanntlich für die Gedächtnisbildung erforderlich ist.

Arginin übt vielfältige gefäßschützende Funktionen aus: Es vermindert die Thrombozytenaggregation und hemmt die Adhäsion von Monozyten an die Gefäßwand. In zahlreichen Studien konnte gesichert werden, dass das Arginin eine wichtige antiatherogene Substanz darstellt.

Bei erhöhten Cholesterinwerten kommt es zu einer Störung des NO-Metabolismus und dabei zu einer Beeinträchtigung der Gefäßregulation. Auch verschiedene andere pathogene Faktoren wie erhöhtes Homocystein, oxLDL und ein Antioxidantienmangel stören den NO-Stoffwechsel und erhöhen den Argininbedarf. Es gibt zahlreiche Studien über die Wirksamkeit einer Argininsupplementierung bei verschiedenen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wobei eine effektive therapeutische Dosis bei wenigstens 6 Gramm pro Tag liegt. Die Einnahme von Arginin steigert die Aktivität des Enzyms Arginase. Zur Begrenzung dieses unerwünschten Effekts sollte Arginin möglichst mit Citrullin kombiniert werden. Neben den Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind Diabetes mellitus, Wundheilungsstörungen, Störungen des Immunsystems wie Infektanfälligkeit weitere Anwendungsgebiete für eine Arginin- Supplementierung. Eine Studie von Forschern aus Israel hat ergeben, dass der Genuss von alkoholischen Getränken die Argininkonzentration bei übergewichtigen Personen und Typ-2- Diabetikern um ca. 30 Prozent verminderte.

Asparagin

Asparagin wird aus Asparaginsäure unter ATP-Verbrauch gebildet. Als NH2-Donator dienen dabei nicht Ammoniumionen, sondern das Glutamin. Asparagin ist im Gegensatz zu Glutamin nicht am Stickstofftransport beteiligt, es spielt aber eine wichtige Rolle für die Bildung von Glykoproteinen. Dabei stellt Asparagin sozusagen die Brücke zwischen dem Protein- und dem Kohlenhydratanteil dar.

Niedrige Asparaginkonzentrationen können häufig bei physischem Stress beobachtet werden.


Asparaginsäure

Asparaginsäure ist eine nicht essentielle Aminosäure mit sehr vielfältigen Stoffwechselfunktionen. Aspartat, das Salz der Asparaginsäure, ist via Oxalacetat ein Schlüsselmolekül für die Aktivität des Citratcyklus. Wenn viel Asparaginsäure vorhanden ist, wird der Harnstoffzyklus aktiviert. Asparaginsäure ist also auch wichtig für die Ammoniakentgiftung.

Bei Bedarf kann Asparaginsäure vom Stoffwechsel durch die Transaminierung von Oxalacetat gebildet werden. Ähnlich wie Glutamatreste in Proteinen können auch Aspartatreste mittels Vitamin K carboxyliert werden.

Aspartat ist an der Synthese von Purinen, Pyrimidinen und Nukleotiden beteiligt. Aspartat ist auch eine Vorstufe für die Asparaginsynthese und ein exzitatorischer Neurotransmitter im ZNS. Asparaginsäure wird neben Glutaminsäure und Glutamin auch als Energiesubstrat der Schleimhautzellen des Magen-Darm-Trakts verstoffwechselt.

Es gibt auch einige Hinweise aus Studien, dass Aspartat bei Erschöpfungszuständen, bei Müdigkeit und verminderter körperlicher Belastbarkeit positive Effekte zeigen könnte; allerdings ist hierzu die Datenlage spärlich und nicht eindeutig.
Asparaginsäure kann auch eine Aminogruppe für die Umwandlung von Pyridoxal in Pyridoxamin liefern. Es ist also auch am Vitamin-B6-Stoffwechsel beteiligt.

Citrullin

Citrullin ist keine proteinogene Aminosäure, sondern ein Metabolit des Harnstoffzyklus. Die Bildung von Citrullin ist eine wichtige Stoffwechselleistung der Enterozyten. Ungefähr 13 Prozent des von den Enterozyten aufgenommenen Glutamins wird zu Citrullin verstoffwechselt. Die Citrullinkonzentration im Serum hängt zu 80 bis 90 Prozent von der Citrullinbildung im Darm ab. Eine Glutaminsupplementierung führt auch zu einer vermehrten intestinalen Citrullinproduktion. Das vom Darm freigesetzte Citrullin wird dann von den Nieren zur Argininsynthese verwendet. 70 Prozent des endogen gebildeten Arginins werden auf diese Weise hergestellt.

Die Citrullinkonzentration im Blutserum ist ein wichtiger Marker für die Funktionsfähigkeit der Enterozyten. Bei verschiedenen Darmerkrankungen wie z.B. Zöliakie, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa korrelierte die Citrullinkonzentration mit der Enterozytenmasse. Niedrige Citrullinkonzentrationen bei Patienten korrelierten gut mit einer intestinalen Dysfunktion.

Neuere Studien haben gezeigt, dass die Citrullin-Supplementierung eine effektive Maßnahme dafür ist, den Argininspiegel anzuheben, da Citrullin rasch zu Arginin verstoffwechselt wird. Allerdings ist die Stoffwechselkapazität der Argininbildung aus Citrullin begrenzt. Bei hohen Citrullindosen ist die Argininbildung nicht mehr so hoch, wie zu erwarten wäre. Möglicherweise hat Citrullin einen gewissen Vorteil gegenüber einer Argininsupplementierung, da es nicht dem Abbaueffekt der Arginase unterliegt, jedenfalls konnten mit einer Citrullinsupplementierung bei Mikrozirkulationsstörungen gute Behandlungsergebnisse erzielt werden. Eine Supplementierung von Citrullin zeigte in Studien auch eine günstige Wirkung auf die sportliche Leistungsfähigkeit.

Cystein

Cystein ist eine schwefelhaltige Aminosäure mit einer freien SH-Gruppe. Prinzipiell kann Cystein aus Methionin gebildet werden, ist also nicht essenziell. Eine Essentialität von Cystein kann sich aber bei einer unzureichenden Methioninverfügbarkeit sowie bei einer Unreife der Leberfunktion oder einer höhergradigen Schädigung der Leber ergeben. Aufgrund seiner SH-Gruppe bildet Cystein leicht Schwefelbrücken z.B. mit einem zweiten Cysteinmolekül unter Bildung von Cystin oder mit vielen anderen schwefelhaltigen Biomolekülen. Cystin spielt eine wichtige Rolle für die Struktur und für das Wachstum von Haut und Haaren. Über die Bildung von Schwefelbrücken trägt Cystein auch maßgeblich zur Stabilisierung der Tertiärstrukturen vieler Proteine bei. Die SH-Gruppe des Cysteins ist häufiger Bestandteil der katalytischen Zentren von Enzymen.

Cystein wird für die Bildung von Coenzym A benötigt, einem zentralen Stoffwechselmolekül. Cystein ist auch ein Lieferant von reduziertem Schwefel. Die daran beteiligten Reaktionen sind wichtig für die Bildung von Eisen-Schwefel-Clustern in Proteinen. Cystein ist außerdem ein Lieferant für Sulfat. Das aktivierte Sulfat oder 3'-Phosphoadenosin-5'-phosphosulfat (PAPS) wird für Entgiftungsreaktionen und für die Bildung verschiedener schwefelhaltiger Biomoleküle benötigt.

Cystein ist ein wesentlicher Baustein des Tripeptids Glutathion, dem wichtigsten intrazellulären Antioxidans. Außerdem ist Glutathion ein wichtiges Regulatormolekül des Zellzyklus. Bei vielen entzündlichen und infektiösen Erkrankungen sowie bei Tumoren ist inzwischen ein Cystein-/Glutamin-Mangelsyndrom festgestellt worden, das mit einer ausgeprägten Immunschwäche einhergeht. Cystein steigert die Aktivität verschiedener Immunzellen und unterstützt die Immunfunktionen. Cystein und Glutathion sind von entscheidender Bedeutung für die Entgiftung toxischer Stoffwechselprodukte wie Aflatoxine, Xenobiotika und Schwermetalle. Bei einer Vergiftung mit Paracetamol ist die Steigerung der Glutathionbiosynthese lebenswichtig. Die Glutathionkonzentration kann durch die Gabe von N-Acetyl-Cystein effektiv angehoben werden.

NAC ist im Gegensatz von Cystein chemisch stabil und eignet sich in hervorragender Weise für eine Cystein-Supplementierung. NAC wird bereits in der Darmwand oder bei der ersten Leberpassage in Cystein umgewandelt.

Es gibt viele Anwendungsgebiete für eine Cystein-/NAC-Supplementierung. Beispielsweise dient sie zur Erhöhung der NO-Bioverfügbarkeit, zur Verbesserung der Nitrattoleranz, zu einer Behandlung von Dyslipoproteinämien und zur Steigerung der antioxidativen Kapazität bei Lungenerkrankungen sowie zum antioxidativen Schutz der Augenlinse.

Inzwischen gibt es vermehrt Hinweise, dass N-Acetyl-Cystein bei verschiedenen psychiatrischen Störungen einen positiven therapeutischen Effekt hat. N-Acetyl-Cystein erhöht die Glutathionkonzentration im Gehirn und hat dort auch antientzündliche Effekte. NAC wurde erfolgreich bei Suchterkrankungen, Zwangserkrankungen, bipolarer Störung und anderen psychiatrischen Erkrankungen als adjuvante Therapie eingesetzt. Viele psychiatrische Störungen gehen mit einem oxidativen Stress einher. Die Neutralisierung des oxidativen Stresses ist sicherlich ein wesentliches Therapieprinzip des NACs.

Glutamin

Glutamin ist mit einem Mengenanteil von 20 Prozent die quantitativ bedeutendste freie Aminosäure im Blutserum und im Muskelgewebe. Es spielt bei einer Vielzahl von Stoffwechselwegen eine wichtige Rolle, z.B. für die Bereitstellung von Stickstoff zur Synthese von Purinen, Pyrimidinen, Nukleotiden und Aminozuckern. Die Synthesen von Aminozuckern in Glykoproteinen und Glykanen, z.B. Chondroitinsulfat, Keratansulfat, Dermatansulfat etc., sind von einer ausreichenden Verfügbarkeit an Glutamin abhängig.

Glutamin ist ein wichtiges Energiesubstrat für die Zellen des Gastrointestinaltrakts sowie eine Energiequelle für alle sich schnell vermehrenden Zellen des Immunsystems. Aufgrund seiner Fähigkeit, das Zellvolumen zu stabilisieren, besitzt Glutamin einen antikatabolen Effekt. Außerdem ist Glutamin für die Regulation des Säure-Basen-Haushalts von Bedeutung, weil es von den Nieren zur Bildung und Ausscheidung von Ammoniumionen verstoffwechselt wird. Während einer metabolischen Acidose steigt die Ausscheidung von Ammoniumionen zur Verringerung der Säurelast um ein Mehrfaches an. Da Glutamin zwei Drittel der Ammoniumionen stellt, kommt es auch zu einem sehr starken Anstieg der Glutaminaufnahme durch die Nieren.

Im Postaggressionsstoffwechsel, z.B. bei Entzündungen oder nach chirurgischen Eingriffen und neurologischen Systemerkrankungen, kommt es zu einer Verarmung des Glutaminpools, die sich z.B. in einem verlängerten Krankheitsverlauf und in einer erhöhten Infektanfälligkeit auswirkt. Eine Glutamin-Supplementierung zeigte in Studien günstige Effekte bei der Behandlung von großflächigen Verbrennungen und konnte auch die Mortalität bei der Pankreatitis vermindern. Glutamin kann auch unerwünschte Nebenwirkungen der Strahlentherapie reduzieren.

Auch bei Leistungssportlern besteht ein erhöhter Glutaminbedarf. Es konnte nachgewiesen werden, dass eine Glutaminsupplementierung nach Ausdauerbelastung die Infektanfälligkeit vermindern kann. Glutamin ist eine wichtige Ausgangssubstanz für die Bildung von Glutathion und des Neurotransmitters GABA.

Der Dünndarm verbraucht sehr viel Glutamin. Glutamin ist unentbehrlich für den Stoffwechsel und die Funktion der Darmzellen sowie für die Intaktheit der Darmschleimhaut. Bei verschiedenen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts hat sich eine Glutamin-Supplementierung bewährt, zum Beispiel beim postinfektiösen Reizdarm oder beim Leaky-gut-Syndrom, das durch eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmschleimhaut gekennzeichnet ist.

Glutaminsäure

Glutaminsäure ist sozusagen eine wichtige Drehscheibe des Aminosäurenstoffwechsels, was auch daran erkennbar ist, dass die Enzyme des Glutamatstoffwechsels häufig verwendete Parameter der Labormedizin sind. Glutaminsäure ist der Spender oder Empfänger von Aminogruppen in zahlreichen Transaminierungsreaktionen.

Glutaminsäure ist Ausgangssubstanz für die Bildung von Glutamin, Prolin, Arginin und Ornithin sowie von N-Acetyl-Glutamat, einem wichtigen Regulatormolekül des Harnstoffzyklus. Durch seine zentrale Rolle im Stoffwechsel beeinflusst Glutaminsäure die Regulierung des Nährstoffhaushalts auf verschiedenen Wegen: Es reguliert z.B. die Glycogensynthese, die Gluconeogenese und Lipolyse. Eine weitere wichtige Funktion von Glutaminsäure ist die Auffüllung von Metaboliten des Citratzyklus, was besonders in den ersten Minuten einer intensiven körperlichen Beanspruchung eine Rolle spielt.

Glutamat ist der bedeutendste exzitatorische Neurotransmitter im ZNS, außerdem die Vorstufe des inhibitorischen Neurotransmitters GABA.

Glutamat spielt eine zentrale Rolle für die synaptische Plastizität, insbesondere für die Langzeitpotenzierung. Allerdings hat Glutamat auch neurotoxische Eigenschaften, besonders dann, wenn die Energieversorgung der Neuronen beeinträchtigt ist. Bei verschiedenen Erkrankungen sind exzitotoxische Effekte mitbeteiligt, z.B. bei Epilepsien, bei der cerebralen Ischämie und beim Apoplex. In jüngerem Lebensalter und bei bestehenden Lern- und Konzentrationsstörungen kann aber eine Supplementierung der Glutaminsäure zur Verbesserung der Hirnleistungsfähigkeit durchaus auch angebracht sein.

Seit Jahren wird sehr kontrovers diskutiert, inwieweit die Aufnahme von Natriumglutamat mit Übergewicht verbunden ist. Inzwischen gibt es verschiedene Untersuchungen, die einen solchen Zusammenhang nachgewiesen haben, insgesamt ist aber die Datenlage noch nicht einheitlich.

Glycin

Glycin ist die kleinste Aminosäure und wurde früher meist den nichtessenziellen Aminosäuren zugerechnet. In der neueren Fachliteratur wird Glycin als bedingt essenziell eingestuft, nachdem es immer mehr Hinweise dafür gibt, dass die endogene Glycin-Synthese den Bedarf nicht immer ausreichend decken kann.

Glycin ist die Ausgangssubstanz für die Bildung zahlreicher Moleküle: Glutathion, Cholin, Porphyrine, Purine, Kreatin, Kollagene, Elastin und Häm. Glycin hat mannigfaltige Funktionen im Stoffwechsel:

Glycin ist ein inhibitorischer Neurotransmitter an Glycinrezeptoren im Stammhirn und Rückenmark. Dadurch hat Glycin häufig einen günstigen Effekt bei muskulärer Verspannung. Außerdem ist Glycin ein Agonist an den NMDA- Rezeptoren, die für Lernvorgänge und Gedächtnisbildung eine zentrale Rolle spielen. Eine sublinguale Einnahme von Glycin kann bei Angststörungen oder zur Vermeidung einer akuten Panikattacke von Nutzen sein. Es gibt auch eine beträchtliche Anzahl von Studien, die den Nutzen einer Glycin- Supplementierung bei der Behandlung der Schizophrenie belegen. Glycin kann hauptsächlich das Auftreten von Negativ- Symptomen beeinflussen. Durch die Gabe von Glycin wurde auch eine Verbesserung der Schlafqualität nachgewiesen.

Glycin ist in großen Mengen in den Kollagenmolekülen enthalten, jede dritte Aminosäure ist Glycin. Eine unzureichende Glycin-Verfügbarkeit kann also die Bildung der Kollagene beeinträchtigen. Einer spanischen Studie zufolge kann eine Glycin-Supplementierung zu einer deutlichen Besserung von Arthrosebeschwerden führen.

Bei Übergewicht/Adipositas, Typ-2-Diabetes und bei der nichtalkoholischen Fettlebererkrankung wurden häufig verminderte Glycin-Konzentrationen im Plasma nachgewiesen. Niedrige Glycin-Spiegel erhöhen das Risiko für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes.

Glycin ist neben Cystein und Glutaminsäure Teil des Glutathionmoleküls. Meist ist Cystein der limitierende Faktor für die Glutathionsynthese. Nicht selten ist aber auch die endogene Glycin-Synthese nicht ausreichend für eine optimale Glutathionbildung.

Die Bindung verschiedener Metabolite an Glycin ist ein wichtiger Schritt bei Entgiftungsreaktionen, weil dadurch die zu entgiftenden Substanzen wasserlöslich werden und mit dem Urin ausgeschieden werden können. Die Gallensäuren werden entweder an Glycin oder Taurin gebunden, beim erwachsenen Menschen dominiert hierbei die Bindung an Glycin.

Glycin besitzt entzündungshemmende und leberschützende Eigenschaften. Neuerdings gibt es auch Hinweise auf eine antioxidative Wirkung sowie auf einen Schutzeffekt gegen die Bildung von AGEs.

Histidin

Histidin wird heute zu den essentiellen Aminosäuren gezählt. Der PK-Wert von Histidin befindet sich im Neutralbereich, dadurch kann es sowohl als Protonendonator als auch als Protonenakzeptor auftreten. Histidin hat also Eigenschaften eines Puffers. Aufgrund dieser chemischen Eigenschaften ist Histidin ein wichtiger Ligand in Metallverbindungen wie Hämoglobin, Myoglobin, Carboanhydrase etc.

Niedrige Histidinkonzentrationen werden häufig bei Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen beobachtet und sind bei diesen Patienten mit oxidativem Stress, mit erhöhter Entzündungsaktivität und einer größeren Sterblichkeit assoziiert. Auch bei adipösen Frauen war die Histidinkonzentration mit oxidativem Stress und der Entzündungsaktivität verbunden. Durch die Zugabe von Histidin konnte bei vaskulären Endothelzellen eine Aktivierung von NF-Kappa-B vermindert oder verhindert werden. Bei verschiedenen „free radical diseases“ wie bei der rheumatoider Arthritis und bei M. Alzheimer wurden erniedrigte Histidinkonzentrationen nachgewiesen.

Histidin ist die Ausgangssubstanz für die Bildung des Dipeptids Carnosin, das wichtige antioxidative und neuroprotektive Eigenschaften aufweist. Außerdem ist Histidin die Ausgangssubstanz für die Bildung von Histamin, das im Organismus als Gewebshormon und Neurotransmitter weit verbreitet ist.

Histidin spielt eine wichtige Rolle für die Bioverfügbarkeit von Spurenelementen. Es ist nachgewiesen, dass die Histidinaufnahme über die Nahrung die Zinkabsorption im Darm verbessern kann.

Isoleucin, Leucin, Valin

Diese drei Aminosäuren werden aufgrund ihrer chemischen Struktur unter dem Begriff verzweigtkettige Aminosäuren zusammengefasst (BCAAs). Im Gegensatz zu den übrigen Aminosäuren werden sie nicht in erster Linie in der Leber verstoffwechselt, sondern in der Muskulatur. 35 Prozent der Muskelproteine bestehen aus BCAAs. Sie dienen im arbeitenden Muskel als Energielieferanten und sind auch anabole Signalgeber, die die Proteinsynthese fördern.

Leucin aktiviert die Proteinkinase mTOR - einen wichtigen Energiesensor im Stoffwechsel. Möglicherweise könnten über eine vermehrte Zufuhr der verzweigtkettigen Aminosäuren eine Begrenzung der Nahrungsaufnahme und eine Reduzierung des Körpergewichts erreicht werden.

Die BCAAs können zur Reduktion des Aminosäurenkatabolismus und zur Verbesserung der Stickstoffbilanz mit Erfolg eingesetzt werden, weshalb sie bei Erkrankungen mit hohem Proteinabbau wie Tumorerkrankungen häufig sehr nützlich sind.

Besonders auch bei chronischen Lebererkrankungen sollte auf eine ausreichende Zufuhr der verzweigtkettigen Aminosäuren geachtet werden, da diese die Aufnahme der aromatischen Aminosäuren wie Tryptophan und Tyrosin über die Blut-Hirn-Schranke verhindern können.

Ein erhöhter Bedarf an BCAAs besteht außerdem bei physischem Stress und bei Leistungssport. Supplemente mit BCAAs können möglicherweise die Muskelregeneration nach starkem physischem Stress verbessern.

Vermutlich spielen die verzweigtkettigen Aminosäuren auch eine wichtige Rolle für den Stickstoffaustausch zwischen den Neuronen und den Astrozyten im Gehirn und sind somit am Neurotransmitterstoffwechsel beteiligt.

Bei Übergewicht/Adipositas, beim metabolischem Syndrom und Typ-2-Diabetes werden häufig erhöhte Konzentrationen der BCAAs beobachtet. Es gibt einen starken Zusammenhang zwischen erhöhten Konzentrationen der BCAAs und einer Insulinresistenz. Inwieweit erhöhte Spiegel der BCAAs bei Typ-2-Diabetes nachteilig sind, ist aber fraglich. Besonders Leucin hat erhebliche anabole Effekte und erhöht die Insulinfreisetzung aus der Bauchspeicheldrüse. Wenn die Konzentrationen der BCAAs erhöht sind, kann sich die Aufnahme der aromatischen Aminosäuren ins Gehirn vermindern.

Lysin

Lysin ist wie Arginin eine basische Aminosäure, die im Vergleich zu den übrigen Aminosäuren im Organismus sehr stark konserviert wird. Zu den Funktionen des Lysins gehört, dass es an der Collagen- und Elastin-Biosynthese beteiligt ist und als Ausgangssubstanz für die Bildung von Carnitin fungiert. Die Leberrezeptoren verfügen über lysinreiche LDL-Regionen, die für die Funktion von LDL erforderlich sind.

Lysin dient auch als Stimulator der STH-Sekretion und ist essentiell für die Immunkompetenz. Lycin hat einen positiven Einfluss auf die intestinale Calciumresorption und ist einer der Mikronährstoffe, die bei der Prävention und Therapie der Osteoporose eine Rolle spielen.

Auch eine Supplementierung dieser Aminosäure bei Infektionen mit Herpesviren bringt einen positiven therapeutischen Effekt. Lysin ist sozusagen der Stoffwechselgegenspieler des Arginins und kann die Argininaufnahme in die Viren produzierenden Zellen hemmen, weshalb sich die Herpesviren dann nicht vermehren können.

Durch eine Supplementierung von einem Gramm Lysin täglich konnte bei Typ-2-Diabetikern eine Reduzierung der postprandialen Glukosekonzentration erreicht werden: Wahrscheinlich wird durch Lysin die Tyrosinkinase des Insulinrezeptors stimuliert.

In verschiedenen Studien erwies sich eine Lysinsupplementierung als nützlich zur Beeinflussung mentaler Stresszustände. Lysin ist zwar keine Vorläufersubstanz für die Neurotransmittersynthese, hat aber einen modulierenden Effekt auf das 5-HT4-System. Diese Rezeptoren der Serotoninfamilie sitzen im Verdauungstrakt und im limbischen System und sind an der Regulierung der Stressreaktion beteiligt. Diesbezügliche Untersuchung wurden sowohl mit Lysin allein als auch mit einer Lysin-Arginin-Kombination durchgeführt. Niedrige Lysin-Konzentrationen können auftreten bei einer Ernährung mit einem hohen Anteil von Getreideprodukten.

Methionin

Methionin ist eine schwefelhaltige essentielle Aminosäure. Der Methioninstoffwechsel findet ganz überwiegend in der Leber statt. Ein Hauptstoffwechselweg des Methionins ist die Bildung von Cystein und via Cystein auch für die Bildung des Tripeptids Glutathion.

Aus Methionin wird unter ATP-Verbrauch S-Adenosyl-Methionin (SAM) gebildet, der wichtigste Methylgruppendonator im Stoffwechsel. Bis dato wurden mehr als 40 SAM-abhängige Methyltransferasen identifiziert. Zu den Verbindungen, deren Methylgruppen von SAM stammen, zählen: Carnitin, Cholin, Kreatin, Adrenalin, Melatonin, methylierte Basen, Methylhistidin u.v.m.

Bei den Transmethylierungen geht SAM in S-Adenosylhomocystein über, aus dem dann das Homocystein entsteht. Homocystein wird entweder zu Methionin zurückverwandelt (remethyliert) oder durch Transsulfurierung zu Cystein verstoffwechselt.

Methionin ist auch eine wichtige Protonen- und Schwefelquelle im Stoffwechsel. Ein großer Anteil der Säure im Urin entsteht durch den Abbau von Methionin und Cystein. Eine hohe Zufuhr schwefelhaltiger Aminosäuren kann den Verlust von mineralischer Knochensubstanz beschleunigen.

Verschiedene endogene Substanzen wie Katecholamine, Steroidhormone und Xenobiotika, z.B. Paracetamol, werden durch Sulfatierung entgiftet. Methionin besitzt lipotrophe Eigenschaften, d.h. es kann eine übermäßige Fetteinlagerung in der Leber verhindern; ferner wird es bei Harnwegsinfekten zur Harnansäuerung verwendet und kann außerdem bei Allergien zur Beschleunigung des Abbaus von Histamin beitragen.

Der Schwefel im Methionin ist stark anfällig für Oxidation. Oxidative Methionin-Schäden in Proteinen werden durch ein spezielles Enzym repariert.

Ornithin

Neben Arginin und Citrullin ist auch Ornithin ein Metabolit des Harnstoffzyklus. Eine Supplementierung von Ornithinaspartat ist eine bewährte und häufig durchgeführte Maßnahme bei Patienten mit Leberzirrhose. Diese Substanz führt zu einer deutlichen Besserung der Leberfunktion. Bei leichten Leberfunktionsstörungen kann eine Ornithinsupplementierung den Heilungsverlauf begünstigen.
Ebenso wie Arginin kann Ornithin die Hypophyse zu einer verstärkten Sekretion von STH anregen, die aber nur bei ziemlich hohen Dosierungen zuverlässig nachgewiesen ist.

Phenylalanin/ Tyrosin

Phenylalanin, eine essentielle Aminosäure, wird für die Proteinsynthese benötigt und ist gleichzeitig Vorstufe für die Bildung von Tyrosin. Bei Frühgeborenen und bei manchen Neugeborenen ist Tyrosin eine essentielle Aminosäure, da die Bildung von Tyrosin aus Phenylalanin noch nicht erfolgen kann.

Tyrosin ist die Vorstufe der Neurotransmitter Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin sowie der Schilddrüsenhormone Tyroxin und Trijodthyronin; außerdem wird es für die Bildung des Coenzyms Q10 und des Farbpigments Melanin benötigt. Eine Verminderung der Proteinzufuhr unterhalb des Bedarfs verlangsamt die Umwandlung von Phenylalanin zu Tyrosin.

Im Frühstadium des M. Parkinson kann eine Tyrosinsupplementierung zur Erhöhung der Dopaminkonzentration sinnvoll sein. Da ein Mangel an Noradrenalin auch bei Depressionen eine Rolle spielen kann, ist eine Tyrosinsupplementierung bei manchen depressiven Patienten hilfreich. Die Umwandlung von Tyrosin zu Dopamin ist aber nicht annähernd so effektiv wie die Serotoninbildung aus Tryptophan. Der Tyrosinbedarf kann auch bei chronischen Stresssituationen aufgrund des vermehrten Katecholaminverbrauchs erhöht sein. Durch eine Tyrosinsupplementierung können dann Hirnleistungsfähigkeit und Aufmerksamkeit verbessert werden.

Tyrosin wurde auch als therapeutische Substanz bei ADHS untersucht. In zwei Studien konnte durch eine Tyrosinsupplementierung eine anfängliche Besserung der ADHS-Symptomatik beobachtet werden, allerdings zeigten sich keine günstigen Langzeiteffekte. Phenylalanin kann bei der Behandlung der Vitiligo eingesetzt werden, am besten in Kombination mit einer UV-Bestrahlung.

Prolin

Prolin wurde ursprünglich als nicht essentielle Aminosäure eingestuft, die aus Glutamat gebildet werden kann. Inzwischen gibt es aber zunehmend Hinweise, dass die endogene Prolin-Synthese den Bedarf nicht immer decken kann. Aus Prolin entsteht oftmals Hydroxyprolin, ein wichtiger Bestandteil der Kollagene. Die Kollagene haben immerhin einen Anteil von 30 Prozent an der Gesamtproteinmenge des menschlichen Organismus. Hydroxyprolin wird beim Abbau der Knochenkollagene durch Osteoklasten freigesetzt, in der Leber verstoffwechselt und/oder über den Urin ausgeschieden. Hydroxyprolin im Urin ist ein Marker für den Knochenabbau.

Eine Prolinsupplementierung ist häufig bei Wundheilungsstörungen sowie zur Prävention der Osteoporose und Faltenbildung zielführend.

Nicht selten finden sich im Blutserum auch erhöhte Prolinkonzentrationen, die dann meist ein Hinweis auf chronisch hohen Alkoholkonsum oder auf einen zirrhotischen Umbau der Leber sind.

Es gibt in den letzten Jahren zunehmend Hinweise dafür, dass Prolin ein besonderes Stresssubstrat im Zellstoffwechsel darstellt. Die Oxidation von Prolin zu P5c führt zu einer Einspeisung von Elektronen in die Elektronentransportkette, die dann zur ATP-Bildung herangezogen werden. Der energetische Status der Zelle wird dadurch verbessert. Der Prolinzyklus kann also einen Beitrag zur Energieversorgung der Zelle liefern, was in einem gesunden Stoffwechsel kaum eine Rolle spielt, wohl aber bei verschiedenen Erkrankungen.

Im Gehirn existiert ein spezifischer Carrier für Prolin, so dass Prolin möglicherweise ein wichtiges Regulatormolekül im Hirnstoffwechsel darstellt. Eine Funktion in einigen Gehirnregionen könnte darin bestehen, Glutamat, GABA und Aspartat bereitzustellen. Außerdem ist Prolin im Dünndarm eine wichtige Ausgangssubstanz für die Argininsynthese.

Serin

Serin ist eine nicht-essentielle Aminosäure. Sie lässt sich leicht in Glycin und dieses wieder in Serin umwandeln. Serin ist ein Substrat für die Bildung von Proteinen und Phospholipiden, insbesondere Phosphatidylserin und Sphingolipiden wie zum Beispiel Ceramiden. Die Phospholipide kommen in großen Mengen in der weißen Substanz des Gehirns und in den Myelinscheiden der Nerven vor. Serin ist auch Ausgangssubstanz für die Bildung von Cholin und Acetylcholin. Eine Serinsupplementierung kann deshalb zur Verbesserung der Cholin-/Acetylcholinsynthese infrage kommen.

Serin fungiert als Agonist am Glycin-Rezeptor und kann deshalb als inhibitorischer Neurotransmitter betrachtet werden.

Serin spielt eine bedeutende Rolle im Methionin-/Homocysteinmetabolismus. Die Methylgruppe des Serins wird für die Bildung von 5-Methyl-THF aus THF benötigt. Somit ist die Remethylierung des Homocysteins von einer ausreichenden Verfügbarkeit des Serins abhängig. Außerdem ist Serin an der Cysteinbildung aus S-Adenosyl-Homocystein beteiligt (Transsulfurierung). Dadurch spielt Serin eine wichtige Rolle für die Bildung verschiedener schwefelhaltiger Verbindungen wie Cystein, Cystin, Taurin und Glutathion.

Es konnte nachgewiesen werden, dass durch eine Serinsupplementierung der Homocysteinanstieg nach Methioninbelastung wesentlich geringer ausfällt.
Serin ist in Glykosaminoglykanen z.B. Chondroitinsulfat, Dermatansulfat, Heparinsulfat etc. ein wichtiges Bindeglied zwischen dem Kohlenhydrat- und Proteinanteil des Moleküls. Serin ist auch erforderlich für die Bildung von Selenocystein, das wiederum für die Synthese von Selenoproteinen benötigt wird.

Neurologische Störungen infolge einer Beeinträchtigung der Serinsynthese haben gezeigt, dass die Serinzufuhr über die Ernährung nicht immer ausreichend ist und das Serin als bedingt essenzielle Aminosäure eingestuft werden sollte.

Sowohl beim Typ-1-Diabetes wie auch beim Typ-2-Diabetes kommt es zu einer Verminderung der Serinkonzentration im Plasma/Serum, was hauptsächlich auf die verstärkte Glukoneogenese beim Diabetes zurückzuführen ist. Durch die Ausschaltung der Glykolyse fehlt die Ausgangssubstanz für die Serinsynthese. Es ist wahrscheinlich, dass ein Serin-Mangel an der Pathogenese der diabetischen Neuropathie beteiligt ist. Bei einem Serin-Defizit wird bei der Bildung von Sphingolipiden Alanin statt Serin eingebaut, was zu neurotoxischen Metaboliten führt.

Für die Bildung von Serin aus Glycin sind zwei Glycin-Moleküle erforderlich, so dass es beim Diabetes auch zur verminderten Glycin-Konzentrationen kommt.

Es gibt Hinweise aus Studien, dass bei psychotischen Patienten das Serin-/Cysteinverhältnis aus dem Gleichgewicht ist: Serin ist im Verhältnis zu Cystein deutlich höher als bei gesunden Probanden.

Es wurde auch nachgewiesen, dass bei Einnahme von Serin die Serumkonzentrationen bei psychotischen Patienten sehr viel stärker ansteigen als bei gesunden Probanden. Bei Psychosen könnte also eine Störung des Serinstoffwechsels vorliegen. Deshalb sollte Serin bei solchen Patienten nicht supplementiert werden.

Man hat inzwischen erhebliche Mengen von D-Serin im Gehirn nachgewiesen. D-Serin wirkt als bedeutender Modulator der glutamatergen Neurotransmission. Serin wird in den Astrozyten aus L-Serin gebildet, mittels des Enzmys Racemase. D-Serin erwies sich als starker Aktivator von NMDA-Rezeptoren und spielt auch bei der Entwicklung von Nervenzellen und in der Netzhaut eine bedeutende Rolle.

Taurin

Taurin ist ein Aminosäurenderivat, das aus Cystein gebildet wird. Etwa ein Drittel des Cysteins wird normalerweise im menschlichen Stoffwechsel zu Taurin umgewandelt. Taurin ist nicht an der Proteinsynthese beteiligt, sondern befindet sich in freier Form im Blut und in den Geweben. Nach Glutamin hat Taurin die höchste Konzentration im Pool freier Aminosäuren.

Verschiedene Gewebe sind besonders taurinreich, z.B. das ZNS, die Retina, die Lymphozyten und die Thrombozyten. Für Frühgeborene und Kleinkinder ist Taurin essentiell. Im Rahmen einer Mikronährstofftherapie gibt es für Taurin viele verschiedene Indikationen.

Taurin bildet mit Gallensäuren Konjugate und verbessert damit die Ausscheidung von Gallensäuren, wodurch das Risiko für Gallensteine gesenkt wird. Es vermindert auch die Hepatotoxizität verschiedener Xenobiotika. Einige Funktionen von Taurin werden über Calcium vermittelt, z.B. die Modulation der Signalübertragung, die positiv inotrope und antiarrhythmische Wirkung am Herzmuskel, die Stabilisierung neuraler Membranen in der Retina und im ZNS sowie die Verminderung der Thrombozytenaggregation.

Inzwischen wird Taurin sowohl als Neurotransmitter als auch als Neuromodulator eingestuft. Zu den Anwendungsgebieten einer Taurinsupplementierung gehören Augenerkrankungen, z.B. die Makuladegeneration und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Diabetiker haben im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen teilweise erniedrigte Taurinspiegel. Eine Supplementierung mit Taurin hat möglicherweise einen günstigen Effekt hinsichtlich einer Prävention diabetischer Spätschäden, einschließlich Retinopathien, Nephropathien, Neuropathien und Kardiomyopathien. Bei chronischen Nierenerkrankungen sind die Taurinspiegel meist auch deutlich reduziert. Taurin schützt die Membranen der Glomeruli und des Tubulusepithels. Hilfreich ist Taurin auch bei entzündlichen Lungenerkrankungen.

Es gibt ein Dipeptid aus Taurin und Glutamat, das sich Glutaurin nennt. Vermutlich ist dieses Dipeptid an der Nervenerregbarkeit beteiligt, möglicherweise auch an der Regulierung der Schilddrüse und der Nebenschilddrüse.

Threonin

Threonin ist eine essentielle Aminosäure, aus der Glycin und Serin gebildet werden können; Threonin kann O-glykosidische Verbindungen mit Kohlenhydraten eingehen. Besonders threoninreiche Moleküle sind die Mucine, organische Schleimstoffe zum Schutz der Schleimhäute. Threoninreiche Verbindungen sind sehr proteolyse-stabil, d.h. sie werden nur eingeschränkt abgebaut.

Niedrige Threoninkonzentrationen im Blutserum/Plasma sind oftmals ein Hinweis auf Maldigestion und/oder Pankreasinsuffizienz. Die Schleimstoffe des Darms bestehen bis zu 30 Prozent aus Threonin. Alle Faktoren, die eine vermehrte Bildung von Schleimstoffen notwendig machen, z.B. Schleimverluste, bewirken deshalb auch einen erhöhten Threoninbedarf. Es findet kein signifikantes Threoninrecycling im Darm statt, sodass ein großer Teil des durch die Nahrung aufgenommenen Threonins vom Magen-Darm-Trakt beansprucht wird. Threonin als Nahrungsergänzungsmittel verbessert die Eisenaufnahme im Darm.

Threoninsupplemente können auch mit Erfolg zur Dämpfung der neuromuskulären Erregbarkeit und zur Stärkung des Immunsystems eingesetzt werden.

Tryptophan

Tryptophan ist eine essentielle Aminosäure und gleichzeitig die Aminosäure, die in Nahrungsmitteln am seltensten vorkommt. Sie ist die Ausgangssubstanz für die Bildung des Neurotransmitters Serotonin und des Epiphysehormons Melatonin. Serotonin ist ein wichtiger Neurotransmitter, der über verschiedene Rezeptorentypen ganz unterschiedliche biologische Wirkungen entfaltet. Serotonin ist z.B. an der Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus, der Stimmungslage, der Schmerzempfindung, der Appetitkontrolle und des Endokrinums beteiligt. Durch eine Tryptophansupplementierung kann die Serotoninkonzentration im ZNS effektiv angehoben werden. Dabei ist es zweckmäßig, Tryptophan zusammen mit Kohlenhydraten einzunehmen. Tryptophan ist die einzige Aminosäure, deren Konzentration durch die Insulinwirkung nicht vermindert wird und die deshalb eine größere Chance hat, durch die Blut-Hirn-Schranke ins ZNS zu gelangen.

Aus Tryptophan kann auch Niacin gebildet werden, wobei man davon ausgeht, dass 60 mg Tryptophan benötigt werden, um ein Milligramm Niacin zu erzeugen.
Niedrige Tryptophankonzentrationen treten sehr häufig auf und sind meist mit psychischen Befindlichkeitsstörungen wie Depressionsneigung, Nervosität, Ängstlichkeit etc. assoziiert.
Bei einer Supplementierung der aromatischen Aminosäuren Tryptophan, Tyrosin und Phenylalanin bei chronischen Lebererkrankungen ist äußerste Vorsicht geboten, da es dadurch möglicherweise zur Bildung so genannter falscher Neurotransmitter oder zu Neurotransmitter-Imbalancen kommen kann.

Bei der Fructosemalabsorption entstehen Fructose-Tryptophan-Komplexe, wodurch dem Stoffwechsel Tryptophan entzogen wird und somit nicht mehr für die Resorption und zur anschließenden Serotoninsynthese zur Verfügung steht. Wegen der Tryptophan-Resorptionsstörung besteht dann oftmals auch ein Heißhunger nach Kohlenhydraten. Möglicherweise kommt es auch bei der Milchzuckerunverträglichkeit zu einer vermehrten Bildung von Laktose-Tryptophan-Komplexen im Darm.

Für den Tryptophanabbau spielen zwei Enzyme eine wichtige Rolle, nämlich die Tryptophan-2,3-Dioxygenase (TDO) und die Indolamin-2,3-Dioxygenase (IDO). Proentzündliche Zytokine führen häufig zu einer starken Aktivierung von IDO und dadurch zu einem beschleunigten Tryptophanabbau. Mit zunehmendem Lebensalter ist ein beschleunigter Tryptophanabbau zu beobachten - erklärbar wahrscheinlich durch einer Aktivierung von IDO durch Zytokine. Bei einer erhöhten Entzündungsaktivität ist eine Supplementierung von Tryptophan nur dann von Nutzen, wenn vorab eine entzündungshemmende Therapie durchgeführt wurde. Chronischer Stress scheint den TDO-Abbauweg zu aktivieren; die Verminderung der Tryptophanverfügbarkeit könnte eine Erklärung für Depressionen nach anhaltendem Stress sein.

Update: August 2023